"Yeah, jetzt wird gesegelt!"

(c) Zötl
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Gegen den Wind. Die Crew des "Presse"-Bootes auf ihrer ersten Ausfahrt von Kastela nach
Trogir. Die Dufour 525 trotzte der Bora und zeigte, dass die Cruiser-Yacht Racer-Qualitäten hat.

Die Tage vor den ersten Wettfahrten beim Presse Business Cup standen ganz im Zeichen des unsicheren Wetters. Zwar strahlte die Sonne am Samstag noch vom wolkenlosen Himmel, doch die Bora hatte schon empfindlich aufgefrischt und pfiff eisig über die kroatischen Berge. Für passionierte Segler der perfekte Zeitpunkt, die Segel zu setzen und mit Gottvertrauen in See zu stechen. Landratten verziehen sich bei so einem Wetter lieber in eine windgeschützte Ecke und bestellen vielleicht noch einen Cafe Latte. Nicht so an diesem Samstag Morgen. Denn da  sollten in den unruhigen Gewässern vor Trogir gleich zwei Segel-Jungfernfahrten in einer stattfinden.

Auf Skipper Gerhard Pils (CEO BMW Austria) und seine Crew, Christian Feichtinger, Peter Farbowski und Jörg Werner (Barbara Warnold, Ulrich Kallausch, Günter Thumser, Friedrich Stelzer, John-Patrick Höll und Gerald Daum sollten erst später dazustoßen) wartete in Kastela neben mir, einem segelunerfahrenen Gast, auch eine funkelnagelneue Dufour 525, um zur Regatta nach Trogir überstellt zu werden. Für das erst im Mai diesen Jahres vom Stapel gelaufene Boot ist es die erste Teilnahme an einer Wettfahrt.

Schnaps für die Nerven

Die Marina von Kastela begrüßte uns mit einem wahren Pfeif-Konzert. Der Wind fuhr mit knapp 40 Knoten durch Mast und Wanten und brachte sie zum Singen. Selbst im sicheren Hafen schwankten die Yachten heftig im Wind. „Vielleicht nicht unbedingt das ideale Wetter für den ersten Ausflug mit einem Segelboot,“ meinte Großschoter Jörg Werner. Verstohlen wird das Boot gemustert: 15 Meter Länge, edles Interieur, entworfen vom italienischen Stardesigner Umberto Felci, drei Kabinen, Kühlschrank und – wow – ein Flatscreen. Aber viel wichtiger ist für mich in diesem Augenblick: Wo gibt es einen Platz zum Festhalten. Und: Hat so eine Yacht auch einen Rückzugsort für eventuelle Unpässlichkeiten?
Vor dem Start wurde wegen des starken Windes noch einmal Rücksprache gehalten. „Natürlich fahren wir raus!“ Die Zuversicht in Person kam mit Ciril Francˇicˇ an Bord. Der kroatische Bootsbesitzer begleitete die Crew bei deren ersten Fahrt mit seiner „Mila“ und half den Männern, mit dem Boot vertraut zu werden. In seinen Händen hielt er eine Flasche mit Selbstgebranntem – ein tiefer Zug und die Anspannung wich langsam einem freudigen Kribbeln. „Alles in Ordnung?“ Eh klar. Warum auch nicht. Aber wo, bitte schön, sind die Schwimmwesten?

Am Steuerrad nahm Gerhard Pils Aufstellung. Beim Business Cup im Vorjahr war er in der Klasse Fahrtenyachten mit Spinnaker Vierter gewesen. Am Großsegel arbeitete Jörg Werner, regierender Landesmeister im Drachen. An der Genua werkte Christian Feichtinger, ehemaliger Staatsmeister in diversen Bootsklassen. Komplettiert wurde das Team von Taktiker Peter Farbowski, vielfacher Staatsmeister und erfolgreicher Regattasegler in vielen Bootsklassen. Bei so viel Segler-Know-How konnte eigentlich gar nichts schiefgehen.

Mit Vollgas über die Wellen

Das Großsegel auf Reff2 und mit kleinem Genuasegel stachen wir in See. Aufgrund der Größe des Schiffes pflügten wir mit bis zu 10 Knoten durch die Wellen. Die Yacht lag überraschend ruhig im Wasser. Nach zwei, drei Manövern wurde ich immer zuversichtlicher, beim nächsten Manöver nicht plötzlich über Bord zu gehen. Zeit für eine kleine Jause. Müsliriegel und Bananen machten die Runde. In der Kombüse war der Schnaps ausgeronnen und musste vernichtet werden. Langsam wurde es richtig gemütlich auf der Mila. So hätte es ewig weiter gehen können. Eine steife Brise im Segel, die Sonne im Gesicht, Seglerherz, was willst du mehr.

Kopf einziehen

Aber dann stellen sich für mich Fragen der Segelphysik: Mit dem Wind segelt es sich ja leicht, aber wie funktioniert das, wenn du gegen die Windrichtung zum Zielhafen fahren willst? Für die Profis, ist das nicht einmal eine Überlegung wert. Nach der Umrundung der Insel Ciovo steuerte Skipper Pils in der Bucht von Trogir hart am Wind. Die Gischt bildete einen kleinen Regenbogen dort, wo wir noch vor wenigen Minuten gesessen waren. Jörg Werner holte die Großschot noch ein Stück dichter. Plötzlich ein Jauchzen: „Yeah! Das ist Segeln!“ Inzwischen saßen wir hoch über den Wellen – die Beine über der Reeling und mit unserem Gewicht das Boot stabilisierend.

Die Kunst des „Mitsegelns“ ist es, rechtzeitig aus dem Weg zu gehen, den Kopf bei den Wenden tief zu halten und nicht auf einer der Leinen zu stehen. Bei einer so kleinen Besatzung kein Problem. Wie es wohl sein würde, wenn die gesamte Mannschaft an Bord ist? Aber die Crew des „Presse“-Bootes in der Klasse Fahrtenyachten mit Spi ist ohnehin erfahren und gut aufgestellt und nach der ersten Testfahrt mehr als zufrieden.

Zurück im Hafen waren die ersten Schritte auf festem Boden etwas wackelig. Durchfroren, aber mit einem breiten Grinsen im Gesicht ging es zurück in die „Presse“-Redaktion. Die Fahrt war viel zu schnell vorbei. Leider. Nur für meinen Kopf nicht. Der segelte noch den ganzen Nachmittag weiter.

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