Prozess: Geiselnehmer: „Wollte kein Geld, wollte nur reden“

APA
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Täter verschanzte sich in Bawag-Filiale: Sechs Jahre Gefängnis wegen erpresserischer Entführung.

WIEN (m.s.). „Was sind Ihre Forderungen?“ wurde Günther Burst von der Polizei gefragt, nachdem er sich mit Geiseln in einer Bank verschanzt hatte. Die völlig unerwartete Antwort: „Zigaretten, Getränke und jemanden zum reden!“ Nun stand der gelernte Maler und Anstreicher vor Gericht.

Warum er denn mit einer Pistolen-Attrappe Bankangestellte in Schach gehalten hat, wird er gefragt. Er habe erzwingen wollen, dass ihn endlich jemand ernst nimmt. „Die Ärzte haben immer so wenig Zeit.“ Der Wiener war zuvor in psychiatrischer Behandlung, seit der Trennung von seiner Freundin ging ihm ein Gesprächspartner ab. „Ich wollte, dass mir wer zuhört.“

Vorher noch im Bordell

Diese Art Kommunikation zu erzwingen, hielt Wien am 27. Februar 2007 stundenlang in Atem. Sondereinheiten inklusive Scharfschützen rückten aus, Medienvertreter und Schaulustige drängten sich um den Tatort (Mariahilfer Straße 22). Ein Anrainer öffnete das Fenster und beschallte das Gelände – mit dem EAV-Song „Ba- Ba- Banküberfall“.

„Ich habe mir vorgenommen, dass ich mich umbring'“, erklärt der hoch gewachsene, 40-jährige, zehn Mal vorbestrafte Mann den Geschworenen. Diesen Entschluss habe er am Tag davor gefasst. Dann sei er in ein Lokal gegangen, dann in ein Bordell, wo er bis am nächsten Vormittag blieb. „Dann ist mir das mit der Bank eingeschossen.“ Daher habe er diese „Feuerzeug-Pistole“ gekauft. Die Richterin: „Wo?“ Der Angeklagte prompt: „In einem Geschäft.“ So betrat er die Bank. Einer der Angestellten erinnert sich: Richtig aggressiv sei der Täter nur geworden, als ein Reporter der Zeitung „Österreich“ in der Filiale anrief, den Geiselnehmer verlangte und diesen fragte: „Wie geht's Ihnen so?“ Nach fünf Stunden gab Burst auf.

Er wird wegen erpresserischer Entführung, Freiheitsentziehung und Nötigung zu sechs Jahren Haft verurteilt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2007)

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