NOVA: Entscheidend ist, was hinten rauskommt

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NOVA neu? Dass die Regierung nichts arbeitet ist ein Gerücht: Nach der im Juni erhöhten Mineralölsteuer will der Finanzminister nun die NOVA anheben – ein Vorhaben zwischen Lenkungseffekt und Abkassieren.

Was Finanzminister Wilhelm Molterer als „weitestgehend aufkommensneutrale Ökologisierung des Steuer­systems“ bezeichnet (wenngleich er im ersten Jahr mit Mehreinnahmen von 30 Mio. Euro rechnet), nennt Gustav Oberwallner, Obmann des Bundesgremiums Fahrzeughandel der WKÖ, schlicht „Strafsteuer“, auch schätzt er die Einnahmen auf 50 Mio. Euro. Gemeint ist die geplante Berücksichtigung des CO2-Ausstoßes für die Berechnung der Normverbrauchsabgabe (NoVA). Dass die vom Spritkonsum abhängige „Erstzulassungssteuer“ bereits CO2-abhängig ist, wurde im Ministerialentwurf – wahrscheinlich versehentlich – vergessen zu erwähnen.

Wie der Autofahrerklub ÖAMTC erhoben hat, gibt es derzeit nur rund 50 Automodelle auf dem Markt, für die die geplante Reform Vorteile bringen würde. Im Gegenzug dazu liegen mehr als 1000 verfügbare Automodelle – durchwegs normale Pkw, unverzichtbar für Familien, Pendler, Kleingewerbetreibende –
bei 120 Gramm CO2/km oder darüber. Die Strafzuschläge von 30 Euro (inklusive MwSt.) pro Gramm CO2/km über 160 g treffen nicht nur Ferrari: Allein in der „Golfklasse“ würden sich nach Berechnungen von Porsche Austria rund 40 Prozent der Fahrzeuge verteuern, denn auf den Spritverbrauch umgerechnet bedeuten 160 g CO2 pro Kilometer einen Verbrauch von 6,0 Liter Diesel bzw. 6,75 Liter Benzin pro 100 km. Im Vorjahr produzierte die heimische Neuwagenflotte im Durchschnitt 163 g CO2 pro Kilometer.

Dementsprechend fordert der Arbö eine höhere Bonusgrenze (140 g statt 120 g), während der ÖAMTC statt der überfallsartigen Einführung per 1. März 2008 eine schrittweise Absenkung der Malusgrenzen vorschlägt (200 g ab 2008, 180 g ab 2009 und 160 g ab 2010). Dann könnten die Hersteller, die ja nicht exklusiv und auf Zuruf für den vergleichsweise kleinen österreichischen Markt produzieren, ihr Angebot anpassen. „Das ist nur fair den Autofahrern gegenüber, die erwiesenermaßen bereit sind, etwas für die Umwelt zu tun“, spielt ÖAMTC- Verkehrswirtschaftsexpertin Elisabeth Brugger-Brandau auf die erfolgreichen Anreizsysteme der letzten 20 Jahre (Katalysator, Entschwefelung, bleifreier Sprit, Partikelfilter) an, weil „mit dem derzeit geplanten NoVA-Malus-System zahlt das Gros der österreichischen Autofahrer doppelt drauf“.

Besonders krass fällt der Vergleich bei typischen Klein- und Familienfahrzeugen aus: Dort sind die Einstiegsmodelle (mit Benzinmotor) praktisch immer billiger in der Anschaffung, fallen aber unter den Malus. Da der Kaufpreisunterschied häufig in der Größenordnung um 2000 Euro liegt, ist der CO2-Malus oft die billigere Variante. Ob das Klimaschutz im Sinne des Finanzministers ist?

Boliden müssen leiden

In der Gesamtbetrachtung taumelt die geplante Reform zwischen Lenkungseffekt und Geldbeschaffung, was man der NoVA freilich immer schon vorwerfen konnte. Sozial ausgeglichener klingt zunächst der Wegfall der Deckelung, die bislang im Maximalsatz von 16 Prozent existierte. Nun ist das Gewinde der Kostenschraube nach obenhin offen, Käufer von besonders PS-starken Exoten werden also hart schlucken. Der verschwindende Anteil solch rarer Boliden mit tradi­tionell geringen Kilometerleistungen am CO2-Problem liegt allerdings auf der Hand. Darüber hinaus sollen „Fahrzeuge mit umweltfreundlichem Antriebsmotor (Hybridantrieb, Verwendung von Kraftstoff der ­Spezifikation E85, von Erdgas, Flüssiggas oder Wasserstoff)“ unabhängig vom CO2-Ausstoß bis Sommer 2012 einen Steuer­bonus von 500 Euro lukrieren dürfen.

Nachdem moderne Selbstzünder ohnehin keinen reinen Biodiesel vertragen, könnte man die einseitige Bevorzugung von Super­ethanol-Benzinmotoren (E85) bei einer Zulassungssteuer für Neufahrzeuge noch verstehen. Dass ein E85-Auto aber problemlos mit normalem Benzin böses (weil nicht durch vorangegangene Photosynthese „gutgeschriebenes“) CO2 emittieren kann (und meist muss, weil derzeit in ganz Österreich genau eine einzige E85-Tankstelle existiert), bleibt zu bedenken. Wasserstoff braucht zu seiner Herstellung Unmengen Strom, was die Atomkraftlobby gerne zur Kenntnis nimmt – mit dem Bonuszeithorizont 2012 ist Wasserstoff aber ohnehin kein Thema.

Grober Unfug ist es jedoch, vor dem Schlagwort Hybrid unreflektiert das Haupt zu beugen bzw. per Gießkanne Steuer­boni (derzeit exklusiv an Honda und Toyota/­Lexus) zu verteilen, denn, um den deutschen Altkanzler Helmut Kohl zu zitieren: Entscheidend ist, was hinten rauskommt.

Moderner Fahrstil bringt am meisten

Beispiel: Dem Hybridtrend folgend hat man in Ingolstadt den riesigen Audi Q7 umgerüstet: Als Audi Q7 Hybrid bringt er leer 2480 kg auf die Waage – vergleichbare Serienmodelle wiegen „nur“ 2205 kg. Trotz erhöhter Masse soll der Q7 Hybrid mit 9,8 Liter Spritverbrauch fast ein Viertel weniger Kraftstoff im Fahrzyklus konsumieren als der Serien-Q7; Porsche plant bis zum Ende 2009 sogar ­einen Acht-Komma-irgendwas- Verbrauchswert für den Cayenne Hybrid. Eine tolle ­Sache – aber warum sollen derartige Autobahngeländewagen einen Bonus bekommen und jeder Pendler für sein Familienauto ab 6,75 Liter Verbrauch Straf-NoVA blechen? Wer sich Abgaswerte (CO, NOx, HC, Partikel) von älteren Fahrzeugen („Euro0“) anschaut, ohne bloß auf das Hype-Thema CO2 zu schielen, wird dem Vorschlag des Arbeitskreises der Automobilimporteure einiges abgewinnen können: Mit einer staatlich mitgeförderten Verschrottungs- prämie sollen zum Beispiel die rund 200.000 Steinzeitdiesel von den Straßen verschwinden – jeder einzelne produziert bis zu 74-mal mehr Partikel als ein moderner Selbstzünder. 632.000 Autos fallen in die graue Euro0-Schadstoffklasse.

In letzter Konsequenz muss das gesamte Besteuerungssystem umgestellt werden: Normverbrauchsabgabe und motorbezogene Versicherungssteuer sind zwar vom Spritdurst abhängig, fallen aber unabhängig von der tatsächlichen Fahrzeugnutzung an. Eine fahrleistungs- abhängige Abgabe findet derzeit nur mit der Mineralölsteuer an der Zapfsäule statt, was einmal mehr zum entscheidenden Hinweis führt: Ein moderner Fahrstil kann bis zu 20 Prozent Sprit einsparen. Und damit auch 20 Prozent CO2.

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