Meinl European Land: Prozesslawine droht

Die Finanzmarktaufsicht wirft Meinl European Land Marktmanipulation vor und verhängt eine Strafe von 100.000 Euro. Die Chancen der 150.000 Anleger auf Schadenersatz sind damit deutlich gestiegen.

Wien. Für die Immobilien-Gesellschaft Meinl European Land (MEL) wird es eng. Just am Tag ihres fünfjährigen Börse-Jubiläums erhielt das Unternehmen einen Strafbescheid der Finanzmarktaufsicht (FMA) wegen "Irreführung der Marktteilnehmer". MEL wird nicht weniger als Marktmanipulation vorgeworfen. Nun droht der MEL ein Rattenschwanz an Klagen. Tausende geschädigte Anleger fühlen sich nun bestärkt: Sie drohen mit Schadenersatzklagen in Millionenhöhe, die das Meinl-Imperium erschüttern könnten.

Knackpunkt war eine Ad-hoc-Aussendung vom 27. Juli, in der ein - kursrelevantes - Aktienrückkaufprogramm angekündigt worden war. Zu diesem Zeitpunkt hatte ein Rückkauf von Zertifikaten aber bereits klammheimlich stattgefunden. Die Aktie notierte damals bei rund 20 Euro und stürzte in mehreren Schockwellen bis auf unter acht Euro ab.

Die von der FMA verhängte Verwaltungsstrafe von je 20.000 Euro je MEL-Direktor, zusammen sind es 100.000 Euro, ist für die Gesellschaft wohl das geringste Problem. Durch den Strafbescheid, der noch nicht rechtskräftig ist und gegen den MEL mit Sicherheit Berufung einlegen wird, hat sich die Situation der vom Kurssturz der MEL-Aktie getroffenen Anleger deutlich verbessert.

"Wenn nun schwarz auf weiß festgestellt wurde, dass bei der MEL rechtswidrig gehandelt wurde, verstärkt das die Position der Anleger", betonte gestern ein Jurist im Gespräch mit der "Presse".

Die MEL-Aktie war vor allem von Meinl Success und diversen Anlageberatern ans breite Publikum verkauft worden. Insgesamt haben rund 150.000 Anleger das Papier gekauft, derzeit soll es noch rund 100.000 MEL-Aktionäre geben. Beim Prozessfinanzierer Advofin haben sich bereits 2300 geschädigte MEL-Anleger gemeldet. Auch Advofin-Vorstand Franz Kallinger sieht nun weit bessere Chancen auf Schadenersatz für die Anleger.

Die Klagen gegen MEL sollen noch heuer eingebracht werden. Advofin will nur gegen MEL und Personen im MEL-Umfeld vorgehen, nicht aber gegen Finanzberater, die die Aktie verkauft haben. Diese seien ebenfalls getäuscht worden, so Kallinger. Hingegen will die Arbeiterkammer möglicherweise auch die Finanzberater ins Visier nehmen.

Die zu erwartende Klagswelle dürfte auch zu einem Problem für die Meinl Bank werden. Zwar wurde bisher immer wieder betont, dass die MEL und die Meinl Bank nichts miteinander zu tun hätten, aber die Meinl Bank war "Market Maker" für die MEL-Aktien. Sie muss daher, so meinen Experten, für die drohende Prozesslawine kräftige Rückstellungen in ihrer Bilanz vorsehen.

Die MEL-Aktie verlor nach Bekanntwerden des Strafbescheides am Mittwoch rund zwei Prozent, was Experten als erstaunlich wenig bewerten. "Offenbar sind hier wieder einige Zocker unterwegs," hieß es in Händlerkreisen. UniCredit-Analyst Alexander Hodosi rät Anlegern zum Verkauf der MEL-Aktie.

Meinl-Aktien unter Druck


Anlegerschützer Wilhelm Rasinger rät hingegen zum Abwarten und fordert Meinl zu "konstruktiven Signalen" auf. So sollten etwa bei den MEL-Schwestergesellschaften Meinl Airport International und Meinl International Power aufgelöst und den Anlegern das verbliebene Geld retourniert werden. Beide Gesellschaften waren erst heuer an die Börse gegangen, die Aktien sind ebenfalls schwer unter die Räder gekommen. MAI verlor allein heute mehr als 20 Prozent.

Mit dem Strafbescheid der FMA ist die Sache für die MEL noch lange nicht ausgestanden. Die FMA-Ermittlungen gehen weiter. Konkret wird auch der Verdacht auf Insiderhandel geprüft. Mit Ergebnissen ist erst in Monaten zu rechnen. Sollte die FMA hier fündig werden, drohen auch strafrechtliche Konsequenzen.

Nationalbank prüft noch


Neben der FMA hat vor einiger Zeit auch die Oesterreichische Nationalbank die MEL und die Meinl Bank unter die Lupe genommen. Die Notenbank-Prüfer haben ihre Arbeit fast abgeschlossen. Der Prüfbericht, der für die Meinl Bank weit unangenehmer sein könnte, soll demnächst fertig sein.

Die Wiener Börse überlegt derzeit, die MEL-Aktie aus der obersten Börseliga, dem Prime Market, zu verbannen. Das Papier wurde erst am 20. August, also kurz bevor die Affäre aufflog, in den Prime Market aufgenommen, in dem besonders hohe Anforderungen an Transparenz- und Publizitätskriterien gestellt werden. Herbert Langsner, Sprecher von MEL und Meinl Bank, wies alle Vorwürfe zurück. Die FMA sei von Anfang an über sämtliche Vorgänge informiert worden. Auch die Wiener Börse habe an der Irreführung mitgewirkt, so Langsner.

Am kommenden Dienstag wird die MEL ihre Neun-Monatsergebnisse vorlegen. Sie sollen laut Langsner "sehr erfreulich" sein. Möglicherweise wird man dann auch erfahren, wem ein Drittel der MEL-Aktien gehören. Für 150 Millionen sogenannte "Partly Paid Shares" wurde nur ein Bruchteil des Nominales eingezahlt. Stillschweigen herrscht über den geplanten Umbau der MEL.

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