Rewe übernimmt Adeg zu 75 Prozent

Die Presse (Fabry)
  • Drucken

Wenn die europäischen Behörden der Transaktion zustimmen, steigt die ohnehin schon sehr hohe Konzentration im heimischen Lebensmittelhandel weiter an.

WIEN (mk).Der Marktführer im Lebensmittelhandel in Österreich, Rewe Austria (Billa, Merkur, Penny, Bipa), hat seine Strategie geändert: Bisher hatte man stets betont, dass die seit einem Jahr gehaltene 24,9 Prozent hohe Beteiligung an der Kette Adeg eine „reine Finanzbeteiligung“ sei. Am Dienstag wurde nun bekannt gegeben, dass Rewe den Anteil an Adeg auf 75 Prozent erhöhen wird. Die restlichen 25 Prozent halten die selbstständigen Adeg-Kaufleute.

„Das ist notwendig, um rechtliche Klarheit zu bekommen. Nur so können wir Adeg sanieren“, sagt Rewe-Sprecherin Corinna Tinkler. Denn wie berichtet, hat die Bundeswettbewerbsbehörde zwar die (nicht anmeldungspflichtige) Finanzbeteiligung erlaubt, aber für Kooperationen zwischen den beiden Handelsketten „gelbes Licht“ gegeben: Das heißt, dass die Zusammenarbeit laufend beobachtet wird. Mit der Aufstockung will Rewe von den Wettbewerbsbehörden wissen, ob Synergien zwischen den beiden Handelsunternehmen wettbewerbskonform ausgeschöpft werden können.

Adeg in „schwieriger Situation“

Die Wettbewerbsbehörde findet sich in einer verzwickten Lage wieder: Einerseits ist die Konzentration im heimischen Lebensmittelhandel ohnehin schon sehr hoch. So kommt Rewe laut AC Nielsen auf einen Marktanteil von 29,7 Prozent und Adeg auf 6,1 Prozent. Andererseits ist nicht sicher, ob Adeg ohne Hilfe wieder auf die Beine kommt. „Derzeit befindet sich das Unternehmen in einer wirtschaftlich schwierigen Situation“, schreibt Rewe in einer Aussendung über Adeg.

Wie schwierig die Lage genau ist, darüber herrscht Stillschweigen. Bekannt ist nur, dass Adeg heuer abermals Verluste schreibt und für kommendes Jahr eine schwarze Null anstrebt und dass die Umsätze der 600 Adeg-Kaufleute mit 750 Standorten heuer im Vergleich zum Vorjahr (732,64 Mio. Euro) gestiegen sind. Zuletzt wurden von Adeg selbst betriebene Standorte an selbstständige Kaufleute abgegeben. „Die Konzentration auf die selbstständigen Adeg-Kaufleute erfordert hohe Investitionen“, betont Adeg-Chef Andreas Poschner in einer Aussendung. Die Erhöhung der Beteiligung von Rewe an Adeg würde die Zukunft der selbstständigen Adeg-Kaufleute sichern.

Genehmigung noch ausständig

Die Wettbewerbsbehörde wartet derzeit noch auf die offizielle Anmeldung des Zusammenschlusses durch die beiden Unternehmen. Erst danach sei eine wettbewerbsrechtliche Beurteilung möglich, heißt es. Experten erwarten, dass der Fall an die Europäische Wettbewerbsbehörde weitergeleitet wird. Die Nummer zwei im österreichischen Lebensmittelhandel, Spar (Marktanteil 27,6 Prozent), sieht das als große Chance. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Zusammenschluss genehmigt wird“, sagt Spar-Chef Gerhard Drexel. Denn bereits 1999 hat die EU-Kommission die damals geplante Übernahme der Meinl-Supermärkte durch Rewe nur teilweise genehmigt.

„Der Ausbau einer marktbeherrschenden Stellung durch eine Firmenübernahme ist nach geltendem Kartellrecht verboten“, sagt Drexel, der seit einem Jahr versucht, die Beteiligung von Rewe an Adeg zu bekämpfen. Er sieht in der jetzt bekannt gewordenen Aufstockung der Adeg-Anteile nur ein Ende des „Katz- und Maus-Spiels“ und glaubt, dass die kartellrechtliche Umgehungskonstruktion damit gescheitert ist.

„Marktmissbrauch möglich“

In der Lebensmittelindustrie zeigt man sich ob der Adeg-Übernahme gelassen. „Das ist keine große Überraschung, sondern ein absehbarer und schlüssiger Schritt nach der Übernahme der 24,9 Prozent“, sagte Michael Blass, Geschäftsführer des Fachverbands der Lebensmittelindustrie, zur „Presse“. Er sieht in der höheren Konzentration eine steigende Gefahr, dass die Marktmacht missbraucht werden kann. Und dass die Lieferanten wie die Kunden unter diesem Missbrauch dann leiden.

AUF EINEN BLICK

Der Lebensmittelriese Rewe Austria (Billa, Merkur, Penny, Bipa) hält seit einem Jahr 24,9 Prozent an Adeg.

Diesen Anteil wird Rewe nun auf 75 Prozent erhöhen. Die restlichen 25 Prozent an Adeg halten die selbstständigen Adeg-Kaufleute.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2007)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.