GmbH-Reform: Lockstoff für flüchtige Gründer

Justizministerin Berger will das Stammkapital der GmbH deutlich senken.

WIEN(hes). Mit dem Erfordernis von 35.000 Euro Stammkapital für die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist Österreich derzeit weltweit Rekordhalter, wie Susanne Kalss, Professorin an der Wirtschaftsuni Wien und Leiterin des Departments für Unternehmensrecht, bilanziert. Um dem beachtlichen Wegzug der Gründer aus Österreich rasch und effektiv entgegenzuwirken, müsse man jetzt reagieren. Darin waren sich die Teilnehmer eines Symposiums zur GmbH-Reform vorige Woche im Justizministerium weitgehend einig. Wenn auch zur Ausgestaltung des Weges dorthin unterschiedliche Auffassungen vertreten wurden.

Justizministerin Maria Berger, die Anfang 2009 einen Begutachtungsentwurf zur Reform vorlegen will, sympathisiert mit einer Herabsetzung des Stammkapitals auf 10.000 Euro. Das sei freilich mit Begleitmaßnahmen zu versehen, die einen Missbrauch des Haftungsprivilegs gewährleisten sollen. Der Umstand aber, dass Spanien und Frankreich in den vergangenen Jahren vorgeturnt haben, wie sinnvoll eine Herabsetzung des Stammkapitals sein kann, und auch Deutschland mit einem Stammkapitalerfordernis von nur noch 10.000 Euro eine ernst zu nehmende Konkurrenz im Wettstreit um Gründer darstellt, bereitet auch dem Justizministerium Kopfzerbrechen. Und so will die Justizministerin dieses Vorhaben aus dem Regierungsprogramm möglichst rasch abgehakt wissen, um den Wirtschaftsstandort Österreich fit zu halten.

Eine in Österreich durchgeführte Gründerbefragung des Kreditschutzverbands von 1870 hat nämlich ergeben, dass sich hierzulande viele Gründer für die britische Variante einer GmbH, der sogenannten „private limited company“, entscheiden (sie kann sehr kostengünstig gegründet werden, erlaubt aber ähnlich der österreichischen Gesellschaftsform eine begrenzte persönliche Haftung des Unternehmers), weil ihnen das Stammkapital der GmbH schlicht zu hoch ist. Rund 50 Prozent der „limited“-Gründer in Österreich gaben das als Grund an. Auch habe sich der Verdacht nicht ganz bestätigt, wonach sich vor allem jene Gründer hinter einer „Limited“ verstecken, die auf Missbrauch abstellen. „Solche Gründer wählen eher die Form einer normalen GmbH, das ist unauffälliger“, wie Hans-Georg Kantner vom KSV betont.

Einig war man sich am Ende des Tages jedoch in der Einschätzung, dass eine Beibehaltung einer Stammkapitalgrenze notwendig sei, um die Seriosität sicher zu stellen. Spezielles Augenmerk werde man aber auch dem Gläubigerschutz widmen, wie Berger in Aussicht stellte. Susanne Kalss plädierte hier für eine gewissenhafte Durchforstung der einzelnen Rechtsvorschriften. Denn in manchen Bereichen gebe es schon jetzt eine unnötige Doppelung der Schutzvorschriften.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2008)

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