Auf die Firmenpleite folgt oft der Privatkonkurs

Justizministerin Maria Berger (SPÖ) plant Erleichterungen beim Privatkonkurs.

Wien(b.l.). Im Schnitt 39.800 Euro Schulden hat, wer eine der staatlich anerkannten Schuldnerberatungen aufsucht. Bei ehemaligen Selbstständigen beträgt diese Summe oft ein Vielfaches. Das geht aus Erhebungen der Schuldnerberatungsstellen hervor.

Selbstständigkeit ist mit 22 Prozent die Hauptursache für Überschuldung in Österreich. Die Unternehmenspleite zieht bei Einzelunternehmern häufig die Privatpleite nach sich. Kommt es zu keiner Einigung mit den Gläubigern, kann man in Privatkonkurs gehen, sofern man ein regelmäßiges Einkommen bezieht, seine Fixkosten bezahlt und keine neuen Schulden anhäuft. Dann wird man sieben Jahre lang bis zum Existenzminimum (726 Euro pro Monat) gepfändet. Danach erhält man eine Restschuldbefreiung – sofern man mindestens zehn Prozent der Schulden beglichen hat. Wer ein niedriges Einkommen oder hohe Schulden hat, schafft das oft nicht. Die Erfolgsquote von Privatkonkursen im „Abschöpfungsverfahren“ (das ist jenes, dem die Gläubiger nicht mehr zustimmen müssen), beträgt nur 68,2 Prozent.

Justizministerin Maria Berger (SPÖ) will jetzt die „Billigkeitsgründe“, die man anführen kann, wenn man die gesetzliche Mindestquote von zehn Prozent nicht erfüllen kann, ausweiten: Schwere Krankheit oder lange Arbeitslosigkeit sollen künftig berücksichtigt werden. Ein Begutachtungsentwurf ist für den Sommer geplant. Derzeit werden hohe Verfahrenskosten als Billigkeitsgrund gewertet, darüber hinaus liegt es im Ermessen der Richter, die Restschuldbefreiung zu gewähren, wenn die Quote fast erreicht wurde oder Gründe wie schwere Krankheit vorliegen.

Scheidung führt zur Insolvenz

Nach den gescheiterten Unternehmern sind die Arbeitslosen mit 19 Prozent die zweitstärkste Gruppe unter den Überschuldeten. Dritthäufigste Ursache (18 Prozent) ist der schlechte Umgang mit Geld. Bürgschaften und Mithaftungen geben 14 Prozent der Schuldnerinnen, aber nur vier Prozent der männlichen Schuldner als Grund an. Auch in Folge einer Scheidung rutschen Frauen häufiger in die Schuldenfalle als Männer: Bei zehn Prozent der Frauen und sechs Prozent der Männer hat die Auflösung der Ehe zur Überschuldung geführt.

Die Schuldner haben zu einem Drittel ein monatliches Einkommen, das unter 726 Euro liegt. Ein Privatkonkurs kommt dadurch kaum in Frage. Ein Viertel verdient zwischen 727 und 1000 Euro pro Monat, ein weiteres Drittel zwischen 1000 und 1500 Euro, zehn Prozent haben ein höheres Einkommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2008)

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