Sturm: Der Borkenkäfer, der aus dem Naturwald kommt

Waldschäden nach Sturm
Waldschäden nach Sturm "Paula"(c) APA (Gert Eggenberger)
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Sturm "Paula" hat 3 bis 4 Mio. Festmeter Holz umgeweht, die rasch aufgearbeitet werden sollen. In Naturwäldern können sich Borkenkäfer ungehindert vermehren - neuer Konfliktstoff mit Forstwirten.

Der Sturm Paula hat vor allem in der Steiermark und in Kärnten drei bis vier Millionen Festmeter Holz umgerissen. Im Kärntner Mölltal fürchtet man Verklausung von Schluchten und damit Überschwemmungen. Der steirische Landesforstdirektor Josef Kalhs rechnet damit, dass die Aufräumarbeiten noch das gesamte Jahr dauern werden, zwei bis drei Jahre würde dann die Aufforstung dauern. Bis sich der Wald soweit regeneriert hat, dass er wieder Schutzfunktionen - wie etwa vor Abschwemmung - übernehmen könne, würde es etwa zehn Jahre dauern, erklärte er Experte.

Die Österreichischen Bundesforste (ÖBf) haben den Forstwirten Unterstützung beim Aufarbeiten der gestürzten Bäume zugesagt. Mittelfristig könne der Markt die Holzmengen gut aufnehmen, so die Prognose der ÖBf. Damit hofft man, die Schäden für die Forstwirtschaft begrenzen zu können.

Konflikt Natur- gegen Nutzwald

Die Windwürfe können neben dem direkten Schaden auch eine Gefahr im Verzug darstellen: In Naturwäldern, die nicht bewirtschaftet werden, können sich Borkenkäfer im geworfenen Holz ungehindert vermehren und auf Nutzwälder übergreifen. Zwar gibt es Möglichkeiten, die Konflikte zu entschärfen, diese kosten aber Geld, sagte Georg Gratzer, Professor am Institut für Waldökologie der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien.

Ein Problem ist, dass die letzten verbliebenen Urwälder in Österreich - flächenmäßig unter einem Prozent - klein und damit auch eng verzahnt mit Nutzwäldern sind. "Das größte derartige natürliche Waldgebiet ist mit rund 300 Hektar das Wildnisgebiet Dürrenstein (NÖ)", so Gratzer. Nun sollte in Urwäldern auch ein sogenannter Prozessschutz gelten, das heißt, dass möglichst alle natürliche Prozesse ablaufen können. Dazu gehört auch, dass umgestürzte Bäume liegen bleiben.

Das verrottende Altholz ist Lebensbasis für zahlreiche Lebewesen, für die in bewirtschafteten Wäldern kaum mehr Platz ist. Zum Leidwesen der Forstwirte vermehren sich in den geschützten Naturwäldern aber auch klassische Forstschädlinge, allen voran der Borkenkäfer. Vor allem nach Sturmkatastrophen, wie nach "Kyrill" im Vorjahr oder nun nach "Paula", droht stets die Gefahr, dass die gefürchteten Insekten von den Urwäldern auch auf die benachbarten Nutzwälder übergreifen und erhebliche Schäden anrichten.

Dazu kommt, dass der Käfersituation in Österreich seit 2002 ohnehin angespannt ist, es gibt relativ hohe Populationszahlen. "Ist der Populationsdruck hoch, können die Käfer auch gesunde Bäume befallen, zusätzlich verschärft sich die Situation während trockener Witterungsperioden", so der Wissenschafter. So ist es teilweise nötig, das Nicht-Eingreif-Gebot in den Urwäldern zu brechen.

Aufwändige Schonverfahren

Um nicht die umgestürzten Bäume komplett aus den natürlichen Gebieten entfernen zu müssen, ist es möglich, die Stämme zu entrinden. Dann kann der Borkenkäfer sich nicht mehr im Altholz einnisten und vermehren. Das entrindete Totholz erfüllt dann aber auch für andere Insekten nicht mehr seine ursprüngliche Rolle.

Bei einem schonenderen Verfahren bleibt die Rinde an den Stämmen, das Holz wird nur längs geritzt. Das beeinträchtigt den Käfer einerseits beim Anlegen seiner Gänge im Holz, zweitens trocknet die Rinde rascher, was eine mögliche Plage wenigstens reduziert. Das Problem ist laut Gratzer nur, dass solche Maßnahmen Geld kosten, die Finanzierung bereitet aber oft Probleme. "Wenn wir uns solche Naturreservate leisten, sollten wir auch die Mittel für begleitende Maßnahmen zur Verfügung stellen", fordert daher der Experte.

(APA/Red.)

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