Haidinger: Grobe Fehler im Fall Kampusch

Die Ermittler sind einer Spur, die direkt zu Entführer Wolfgang Priklopil geführt hat, nicht nachgegangen, sagt Ex-BK-Chef Herwig Haidinger. Das berichtet der Grüne Peter Pilz.

Mit seiner Aussage vor dem parlamentarischen Innenausschuss hat der ehemalige Chef des Bundeskriminalamts, Herwig Haidinger, ein schiefes Licht auf die Ermittlungen in der Causa Natascha Kampusch geworfen: Wie der Grüne Abgeordnete Peter Pilz in seinem Weblog aus der geschlossenen Anhörung berichtet, habe ein Beamter bereits 1998 auf den Entführer Wolfgang Priklopil hingewiesen. Pilz verlas bei einer Pressekonferenz eine Anzeige vom 14. April 1998, in der ein Hundeführer der Wiener Polizei detaillierte Hinweise auf Wolfgang Priklopil in Strasshof-Nord gegeben hatte. Natascha Kampusch wurde nur wenige Wochen zuvor - am 2. März 1998 - entführt und blieb achteinhalb Jahre in der Gefangenschaft des Mannes. Der damalige Innenminister Karl Schlögl (SPÖ) sagte, er könne ohne Akteneinsicht nichts zu diesem Vorwurf sagen. 

Der Beamte wurde aber Pilz zufolge "bis heute nicht einvernommen". Im Jahr 2006, als Kampusch wieder auftauchte, schrieb Haidinger eine Mail an Bernhard Treibenreif, Cobra-Chef und Mitglied des Kabinetts von Innenministerin Liese Prokop, in der er vom Inhalt einer Weisung des Ministerbüros sprach, wonach eine Einvernahme des betreffenden Hundeführers vor der Nationalratswahl 2006 untersagt sei.

Haidinger hatte zuvor auf Ermittlungsfehler in der Causa Kampusch hingewiesen, ohne die der Fall wesentlich früher aufgeklärt hätte werden können. "Wir können vor den Nationalratswahlen keinen Polizeiskandal brauchen", hatte Haidinger im Ausschuss Aussagen des Ministerbüros ihm gegenüber zitiert.

Kampuschs Anwalt: "Schwere Bombe"

Diese Aussagen seien eine "schwere Bombe", sagte Natascha Kampuschs Anwalt Gerald Ganzger. Habe es tatsächlich direkte Anhaltspunkte gegeben, die auf den Entführer gedeutet hätten, wäre dies "atemberaubend". Welche rechtlichen Schritte dies nach sich ziehen könnte, wusste der Anwalt am Dienstagnachmittag noch nicht.

"Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich nur sagen, dass wir dem nachgehen werden", sagte Ganzger. Wäre dies tatsächlich so, habe das seiner Mandantin wichtige Jahre gekostet. Er werde natürlich zunächst einmal mit Natascha Kampusch sprechen und die Akten einsehen, dabei sei auch wichtig, was für eine Anzeige es gegeben haben und wo genau diese versickert sei.

(APA/Red.)

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