Afrika-Zirkus: „Grausam, respektlos“

(c) Steffen Arora
  • Drucken

Protestflut. „Wild! Exotisch! Erotisch! Anders!“: Der Plakat-Slogan sorgt für heftige Kritik.

INNSBRUCK. „Wild! Exotisch! Erotisch! Anders!“ Mit diesem Slogan wirbt die Show „Mama Africa“, die von 15. bis 20. März durch Österreich touren wird. Es handelt sich dabei um eine 50köpfige Zirkustruppe unter Leitung des aus Simbabwe stammenden Winston Ruddle. So wie der Zirkusdirektor seien alle Artisten „echte Afrikaner“, nicht bloß schwarzer Hautfarbe, betont der deutsche Co-Produzent der Show, Hubert Schober.

Das sei zugleich der größte Unterschied zu André Hellers „Afrika! Afrika!“-Zirkus, der vor gut zwei Jahren einen Trend initiierte. Doch inhaltlich sei „Mama Africa“ dem Heller-Spektakel sehr ähnlich, sagt Schober. Das Publikumsinteresse ist groß, sagen die Veranstalter. Für den Innsbrucktermin von „Mama Africa“ musste bereits eine Zusatzshow eingeplant werden.

„Das muss ein Ende haben“, fordern hingegen Österreicher afrikanischer Abstammung, wie der Journalist und Chefredakteur von Afrikanet-Info, Simon Inou – er ist auch Initiator der wöchentlichen Seite in der „Presse“, die von Migranten gestaltet wird. „Hier werden koloniale Klischees wiederholt, um Profit zu schlagen. Das ist respektlos, eine Beleidigung.“ Auch er spricht von einem Trend: „Diese Leute wissen, dass Heller mit seiner Show viel Geld verdient hat. Um das noch zu überbieten, spitzen sie weiter zu.“ Schwarze Artisten als „wild“ und „erotisch“ anzupreisen, bezeichnet Inou als geschmacklos: „Nur Tiere sind wild. Man setzt uns mit Tieren gleich.“ Auch Martin Wassermair, Historiker und Vorstandsmitglied des Kulturrates Österreich, sieht diese Art von Afrika-Shows in unheilvoller Tradition der Völkerschauen: „Das hier ist total grausam. Eine Anhäufung und Verdichtung von Stereotypen.“ Wassermair nennt sie gar „Teil des Problems Afrikas“, weil ein falsches, rassistisches Afrikabild verfestigt werde. Die Artisten würden auf den schwarzen Körper reduziert, der allein zur Unterhaltung des weißen Publikums diene.

Auf den Plakaten wird auch mit dem guten Zweck geworben: Ein Euro pro Eintrittskarte komme den Organisationen „Menschen für Menschen“ (MfM) und „Ärzte ohne Grenzen“ zu Gute. Letztere wollen auf Nachfrage der „Presse“ nichts davon gewusst haben und sprechen von „unseriöser Vorgehensweise“ der Veranstalter, die Konsequenzen haben werde. MfM hat hingegen eine Vereinbarung mit den Veranstaltern getroffen, dass 50 Cent pro Karte an die Hilfsorganisation fließen. „Herr und Frau Böhm haben die Premiere in Rosenheim besucht und waren sehr angetan von der Show“, heißt es seitens MfM. Beatrice Achaleke, Obfrau des „International Center for Black Women's Perspective“ (AFRA) mit Sitz in Wien, hat kein Verständnis dafür: „Ich schätze die Arbeit von Herrn Böhm, aber das ist hässlich.“

Frauen als Sex-Objekte?

Die Bilder der Show würden auf alle Schwarzafrikaner übertragen: „Auf dem Plakat ist ein Männchen mit Riesenpopo und Schwänzchen dargestellt. Die Kostüme sehen aus wie in der Kolonialzeit.“ Zirkusdirektor Winston Ruddle war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Co-Produzent Hubert Schober bezeichnet die Kritik als ungerechtfertigt: „Erotik ist eine schöne Sache.“ Wer an Schlechtes denke, habe wohl selbst ein Problem. Eine Aussage, die Achaleke erzürnt: „Wir versuchen seit Jahren mit Vorurteilen aufzuräumen, die hier bedient werden.“ Gerade schwarze Frauen seien häufig Opfer von Belästigungen, weil sie als reine Sex-Objekte angesehen würden: „Ich spreche aus eigener Erfahrung.“

AUF EINEN BLICK

Im Dezember 2005 startete André Hellers „Afrika! Afrika!“. Mehr als zwei Millionen Besucher sahen das Zirkusspektakel bisher.
„Mama Africa“ will daran anknüpfen. Produzent Winston Ruddle fungierte für Hellers Show als Talentscout, bevor er seine Show gründete. Rund 150.000 besuchten die erste Auflage von „Mama Africa“ von Dezember 2006 bis Juli 2007.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.