Wiener Hakoah: Volle Kraft zurück in den Prater

Hakoah-Platz 1928
Hakoah-Platz 1928(c) Hakoah
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Der jüdische Sportklub kehrt am Dienstag nach 70 Jahren an die alte Sportstätte im Wiener Prater zurück. In der Krieau feierte die Hakoah, zu deutsch "Kraft", vor bis zu 25.000 Zuschauern zahlreiche Erfolge.

Im Jahre 1909 wurde der der jüdische Sportklub SC Hakoah Wien als reiner Fußballverein gegründet. Fast 100 Jahre später feiert der Klub einen besonderen Tag: Am Dienstag werden seine neuen Anlagen im Wiener Prater eröffnet. Der Verein, der bis 1938 zahlreiche Erfolge im Fußball, Schwimmen und Ringen gefeiert hatte, kehrt damit an seine frühere Heimstätte zurück. Vor der "Arisierung" durch das NS-Regime fanden sich mitunter 25.000 Besucher am Hakoah-Platz in der Krieau ein.

Selbstbewusstes Judentum

Die Gründung der Wiener Hakoah - der Name bedeutet auf Hebräisch "Kraft" - war zum einen Folge des gestiegenen Selbstbewusstseins des liberalen Judentums und dessen geänderter Einstellung gegenüber der Körperkultur. Zum anderem war die Entstehung der Hakoah aber auch eine Folge der bereits bestehenden Ausgrenzung der Juden durch Arierparagraphen bei anderen Vereinen.

Große Fußball-Erfolge

Aufgrund der damals relativ hohen Anzahl jüdischer Bürger (rund 180.000) entwickelte sich ein reger Zustrom. Zahlreiche Sektionen wurden gegründet, wie Fechten, Tennis, Wasserball, Hockey, Leichtathletik, Ringen, und Schwimmen. Große Erfolge feierten zunächst die Fußballer: 1923 besiegte die Hakoah den englischen Spitzenklub West Ham auswärts mit 5:0. Das war eine riesige Sensation: Noch nie zuvor konnte ein kontinentaleuropäischer Verein auf der Insel einen englischen Klub schlagen. Zwei Jahre später wurde der SC Hakoah erster Österreichischer Meister im Profifußball.

Auch für internationale Erfolge wurden Hakoah-Sportler gefeiert: Bei den Schwimmeuropameisterschaften 1928 platzierten sich Hedi Bienenfeld-Wertheimer und Fritzi Löwy unter den ersten drei. Der Ringer Niki Hirschl erkämpfte 1932 zwei Olympiamedaillen. Berühmte Vereinsmitglieder waren unter anderem Bela Guttmann (führte als Trainer Benfica Lissabon 1961 und 1962 zum Sieg im Pokal der Landesmeister) und der Wasserballer und Schriftsteller Friedrich Torberg. Der sagte einmal: "Warum ich Hakoahner wurde? Warum ich glaube, dass es eine Hakoah geben musste? Weil sie den andern beigebracht hat, 'Herr Jud' zu sagen."

NS-Terror beendete Erfolgsgeschichte

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten bedeutete das Ende des Vereines und seiner Sportstätten. 1938 wurde der Platz im Prater "arisiert", 1941 der Name Hakoah in Wien offiziell ausradiert. Doch die "Kraft" ließ sich nie endgültig brechen: Schon unmittelbar nach dem Krieg erfolgte die Neugründung. An die Glanzjahre der Zwischenkriegszeit konnte der Verein aber nicht wieder anschließen: Nach dem NS-Terror und dem Krieg lebten nur mehr 6.000 Juden in Wien.

"Die Hakoah lebt"

Das Datum am Vorabend des 70. Jahrestages der nationalsozialistischen Machtübernahme in Österreich wurde bewusst gewählt. Es soll an die "Arisierung" im März 1938 erinnern. "Heute können wir feststellen, dass das 'Dritte Reich' in den Staub gefallen ist und die NS-Ideologie geächtet ist. Und die Hakoah lebt", sagte Präsident Paul Haber am Dienstag zur Eröffnung. Der Sportplatz heißt offiziell "SC Hakoah Karl Haber Sport- und Freizeitzentrum". Er ist damit nach dem Vater des Präsidenten, der sich als Sportmediziner und früherer Österreichischer Meister im Schwimmen einen Namen gemacht hat. Karl Haber hatte sich ab 1946 um die Neugründung des einstmals größten Allround-Sportvereins der Welt bemüht.

Fertigstellung im Mai

Rund 7,2 Millionen Euro hat der Neubau gekostet, der ungefähr ein Drittel der einstigen Fläche einnimmt. Diese Summe hat der Verein aufgrund des Washingtoner Abkommens zur Entschädigung für den Vermögensraub der Nazis erhalten. Das Grundstück hat die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) der Stadt abgekauft, es ist an die Hakoah verpachtet. Die Nutzfläche beträgt 3.000 Quadratmeter, die Freifläche 14.500 Quadratmeter. Wirklich fertig wird der Neubau allerdings erst im kommenden Mai.

Auch nicht-jüdische Sportler willkommen

Kernstück ist die neue Sporthalle mit einer Zuschauertribüne für 300 Besucher. Im Clubgebäude gibt es Fitnessgeräte, ein koscheres Restaurant, einen Wellness-Bereich, Garderoben und Kinderbetreuungseinrichtungen. Auch nicht-jüdische Sportler sind willkommen, erklärte Geschäftsführer Ronald Gelbard: "Wir sind ein jüdischer Verein, aber man kann unsere Einrichtungen konfessionsübergreifend benutzen."

Ab 2009 soll es im Sportzentrum ein eigenes Hakoah-Museum geben, das die Geschichte des Traditionsvereins dokumentiert. Aus Kostengründen nicht realisiert wurde vorerst die unterirdisch geplante Schwimmhalle. Sie könnte aber in Zukunft unter dem bestehenden Parkplatz entstehen.

(APA/Red.)

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