Pferderennsport: Stagnation auf niedrigem Niveau

(c) GEPA pictures/ Josef Bollwein
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Das Racino reduziert die Renntage, der Freudenau droht ein Jahr ohne Derby. Aber die Szene ist im Aufbruch.

WIEN (mhk). Die Zukunft des Pferderennsports hat auch schon einmal rosiger ausgesehen. 2004 hatte das Magna Racino in Ebreichsdorf, von Frank Stronach und Magna Entertainment aus dem Boden gestampft, den Betrieb aufgenommen: Mit 60 Renntagen war man in die erste Saison gestartet, im Vorjahr musste der Kanon auf 25 eingedampft werden, in diesem Jahr sind es gar nur mehr 13 Renntage. Und was in dieser Saison im Racino, das an diesem Wochenende (bei freiem Eintritt) eröffnet wird, ebenfalls neu ist: Nicht mehr Stronach und Co. organisieren den Rennbetrieb, der Austrian Racehorse Owners Club (AROC) hat diese Aufgabe nach zahlreichen Querelen in der jüngsten Vergangenheit übernommen.

In diesem Club hängt es nun, einerseits Ställe und Pferde für die Rennen zu gewinnen, andererseits für Publikum und Dotation zu sorgen. Je 400.000 Euro sind das im Traber-und im Galopper-Segment. „Wir mussten, was das Preisgeld betrifft, Kürzungen hinnehmen“, sagt Isabella Copar, die AROC-Vizepräsidentin. Im Vorjahr waren für sämtliche Rennen im Racino noch rund 1,4 Millionen Euro ausgelobt worden.

Rund 900.000 Euro Preisgeld will die Krieau in Wien heuer bei Trabrennen ausschütten. „Wie schon in den vergangenen Jahren haben wir 42 Renntage“, sagt Geschäftsführer Michael Popinger, der die Situation im österreichischen Pferderennsport „auf niedrigem Niveau stabilisiert“ sieht. Die Freudenau hat aber massiv zu kämpfen. Weil sich ein wichtiger Sponsor zurückgezogen hat, droht der Rennbetrieb im heurigen Jahr komplett zum Erliegen zu kommen. Der Tiefpunkt einer jahrzehntelangen Entwicklung wie Freudenau-Vizepräsidentin Julia Habel meint. Sei früher der Besuch der Rennbahn am Wochenende für viele Wiener ein Pflichttermin gewesen, ließen sich die Massen nur noch für Pferdesportveranstaltungen à la „Fest der Pferde“ in der Wiener Stadthalle begeistern. Auch vom Wettboom der vergangenen Jahre habe die Szene nur am Rande profitiert. „Das Pferdewettpublikum ist zum Großteil überaltert“, meint sie.

Probleme in Salzburg

Schwierig ist die Situation auch in Salzburg, sagt Christian Mayr, der vierfache Traber-Europameister. Die Anlage in Liefering, auf der sein Klub Pächter war, wurde an Red Bull verkauft. Dort soll ab Mai an der neuen Fußball-Nachwuchsakademie gebaut werden. Die Salzburger Traber sind auf der Suche nach einer alternativen Fläche. Aber Mayr sieht österreichweit Probleme: Die Anzahl der vorhandenen Pferde, sei „an der unteren Grenze, um den aktuellen Rennbetrieb am Laufen halten zu können“. Rund 400 Geburten von für den Rennsport geeigneten Pferden gebe es jährlich in Österreich, „das sind 100 bis 150 zu wenig“.


Darüber hat sich auch Isabella Copar Gedanken gemacht. Um dem Pferdemangel beizukommen, will sie Besitzergemeinschaften etablieren. „Wenn sich mehrere Personen ein Pferd teilen, ist die finanzielle Belastung gering“, sagt die Tierärztin. Was das in Geld ausgedrückt bedeutet? „Ein taugliches Pferd kostet etwa 5000 bis 6000 Euro in der Anschaffung“, rechnet Copar vor. Die monatlichen Kosten für Einstellung, Pflege, Futter und Ausbildung des Pferdes belaufen sich auch rund 700 bis 800 Euro. „Teilen sich zehn Leute ein Pferd, sind das gut 70 Euro pro Person – das ist überschaubar.“

Copar setzt dabei auch auf einen weiteren Effekt: Wer sich ein Pferd leistet, der ist auch daran interessiert, dass das Tier bei Rennen eingesetzt wird und gewinnt. Und dieser Personenkreis wird eher bereit sein, zur Rennbahn zu gehen und im Idealfall Familie und Freunde mitnehmen. Ein Schneeballeffekt soll sich einstellen – dem die Schneebälle hoffentlich nicht davon schmelzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 5. 4. 2008)

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