High-Performer: In der Ruhe liegt die Kraft

(c) Seidel
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Maximilian Seidel, 30, Geschäftsführer Seidel Consult

Als Kind wollte Maximilian Seidel nur eines werden: „Chef von meinem Bruder“, lacht er heute. Dass er mit Ende 20 bereits die Strategie für das 800-Mitarbeiter-starke Familienunternehmen vorgeben würde, hätte sich der souveräne Hüne damals nicht träumen lassen. Das Firmen-Konglomerat ist mittlerweile Marktführer am Sektor Elektronikdienstleistung in Österreich und erwirtschaftet an 13 Standorten in sechs Ländern 85 Millionen Euro Umsatz im Jahr.

Der Aufstieg ging rasant: Schon der deutsche Großvater Fritz Seidel war Unternehmer in Düsseldorf und ließ seine Antriebs- und Automatisierungstechnik bei Atronic in Deutschlandsberg produzieren. Als Maximilians Vater Reiner, der in Graz Elektrotechnik studiert hatte, die Assmann-Tochter 1993 aus dem Konkurs kaufte, war dies der Startschuss für Seidel Elektronics – mit 70 Mitarbeitern. Die Firma mauserte sich zum Selbstläufer und übernahm kleinere Produktionsstätten. „Mein Vater zog sich langsam aus dem Betrieb zurück. Plötzlich hatten wir eine Größe erreicht, bei der die Familie gefordert war, Verantwortung zu übernehmen“, erklärt Seidel stolz. „Nachdem ich ein großer Familienmensch bin, wollte ich das Unternehmen weiterführen.“ Immerhin hatte er an der European Business School im deutschen Oestrich-Winkel, im französischen Lille und in Kanada BWL studiert und in „Strategischem Marketing“ promoviert, „aber als Uni-Absolvent kann man nicht einfach das operative Geschäft übernehmen.“ Also sammelte der begeisterte Grazer („Ich bin kein Großstadtmensch.“) Marketing-Erfahrung bei der Deutschen Bank, bei BMW und schließlich bei der Linde AG, fühlte sich aber immer „beengt“: „Wenn ich mal privat Milch besorgt habe, verbrachte ich Stunden mit der Abrechnung dafür. Der Wunsch, mein Umfeld selbst gestalten zu können, war immer da.“

Flexibel und durchgemischt

Im Portfolio der Seidel Electronics Group finden sich etwa 1000 Produkte von 100 Auftraggebern (vom Lippenmassagegerät bis zum Lkw-Mautsystem), aber auch Eigenkreationen wie das Lawinen-Rettungstool „Pieps“. Die flexible Entwicklung und Produktion von Elektronik quer durch alle Branchen ist die Stärke der Firma, die damit vor fünf Jahren so groß geworden war, dass eine Dachgesellschaft hermusste. Gemeinsam mit Vater und Bruder (Kindheitstraum ade) ist Seidel Gesellschafter der Seidel Holding, die alle Geschäftsfelder des Konzerns vereint, und leitet seit zwei Jahren Strategie und Marketing über die hauseigene Beratungsfirma. „Es ist auch meine Aufgabe, ein Ruhepol zu sein und Ziele vorzugeben – darauf kann einen nichts vorbereiten. Was es bedeutet, Unternehmer zu sein, weiß man erst, wenn man einer ist.“ Die Verantwortung, die dieser Job mit sich bringt, sieht der Hobby-Läufer realistisch, aber entspannt. „Ich bin kein extremer Mensch, höchstens extrem ausgeglichen. Dafür brauche ich kein Yoga, so ist einfach mein Naturell.“ Und man sieht Seidel an, dass er liebt, was er tut: „Wir sind Dienstleister, und da zählen die Menschen. Ich halte engen Kontakt zu allen Mitarbeitern, auch zu denen am Fließband. Jeder wird von mir persönlich zur Weihnachtsfeier eingeladen.“ Trotz 800 Beschäftigten, die sich auf Österreich, Slowakei, Rumänien, Ungarn, Slowenien und Tschechien verteilen, bleibt Seidel ein Familienbetrieb. Darauf legt der Junior-Chef großen Wert: „Ich bin kein Techniker und muss mich auf meine Mitarbeiter verlassen dürfen. Ich kann loslassen und schenke Vertrauen. Das schweißt zusammen.“

Mit der Philosophie des jungen Seidel zog auch der Riesen-Erfolg im Betrieb ein. 2007 wurde die Seidel Electronics Group mit dem Branchen-Oscar als „Bester Elektronik-Dienstleister des Jahres“ ausgezeichnet, bis 2009 soll sie weltweit den Spitzenplatz einnehmen. „Wir wollen bestes Serviceunternehmen für Elektro-Produktionen mit kleinen Stückzahlen werden.“ Gemeinsam mit seiner Frau zurück zu seinen Wurzeln gekehrt, hat Maximilian Seidel viel vor: „Einen Familienbetrieb zu führen ist ja keine zeitlich begrenzte Aufgabe, sondern ein Job mit Open End.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2008)

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