Vergeuder unter Beobachtung

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Bis zum Sommer soll das neue Energieeffizienzgesetz beschlossen werden. Betriebe werden stärker zum Energiesparen angehalten und müssen ihre Fortschritte an eine zentrale Monitoringstelle melden.

Damit Europa seine großen Klimaschutzziele – bis 2020 sollen 20 Prozent des jährlichen Verbrauchs an Primärenergie eingespart werden – tatsächlich erreicht, wird bald nicht nur mit dem Zuckerbrot Förderungen gelockt, sondern auch die Rute ins Fenster gestellt. Nach mehreren Anläufen soll das Energieeffizienzgesetz nun bis Sommer beschlossen werden. Es wird Betriebe aller Voraussicht nach zu Energiemanagement und -monitoring verpflichten. Zur Diskussion steht auch, Energieversorger dafür verantwortlich zu machen, dass ihre Kunden Energie sparen.

Gegen eine „Fastenkur“

Robert Grüneis, Geschäftsführer der Wien Energie, kann solchen Ideen eher wenig abgewinnen: „Übertragen auf den Lebensmittelbereich wäre das so, als würde man Do&Co oder McDonalds verpflichten, ihren Gästen eine Fastenkur zu verschreiben“, moniert er. Auch in der Wirtschaftskammer reagiert man auf die Pläne kritisch: „Jeder Unternehmer ist bestrebt, unnötigen Energieaufwand zu vermeiden, österreichische Betriebe zählen punkto Energieeffizienz zu den besten in Europa“, sagt Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung Umwelt- und Energiepolitik in der WKO. Und er betont, dass sich viele KMU aufwendige energiesparende Investition nicht immer sofort leisten können, „diese Freiräume der Unternehmer zu erhalten, steht für uns an oberster Stelle.“ Einen ganz anderen Standpunkt vertritt man beim Grünstrom-Lieferanten Oekostrom. Hier kann man Sanktionen durchaus etwas abgewinnen: „Wir sind eine private Beteiligungsgesellschaft und fühlen uns unserem Auftrag verpflichtet, die grüne Energiewende zu schaffen und zu einem besseren Einsatz von Energie beizutragen“, sagt Oekostrom-Vorstand Horst Ebner. Sinkende Umsätze beim Stromverkauf als Resultat effizienterer Energienutzung bei den Kunden wollen Ebner und sein Vorstandskollege, Lukas Stühlinger, mit Dienstleistungen kompensieren. Auch Wien Energie will sich vom Versorger zum Dienstleister wandeln, betont Grüneis. Dazu zählen intensivere Beratungsdienstleistungen und das Forcieren dezentraler Energieerzeugung, die beispielsweise mit Kraft-Wärme-Kopplungstechnologien (KWK) auf besonders effiziente Weise erfolgt. Statt der Rute im Fenster wünscht sich Grüneis für solche Maßnahmen Unterstützung vom Gesetzgeber: „Das heißt – mit Blick auf entsprechende Maßnahmen in unserem Nachbarland Deutschland – eine gesetzlich verankerte KWK-Förderung.“

Monitoring sensibilisiert

Für finanzielle Anreize statt Strafen plädiert auch Peter Sattler, Geschäftsführer der Sattler Energie Consulting in Gmunden. Das Positive am geplanten Gesetz sieht er darin, dass Unternehmen dadurch angeregt werden, sich intensiver mit dem Thema Energiesparen auseinanderzusetzen. Eine Monitoringstelle, an die Betriebe ihre Einsparungen melden, hält er ebenfalls für sinnvoll: „Erst die Evaluierung zeigt auf, was bestimmte Maßnahmen gebracht haben.“ In Produktionsbetrieben lässt sich laut Sattler vor allem in drei Bereichen sparen. Großes Potenzial sieht er bei der Wärme, die bei vielen Firmen noch über das Dach abgeführt oder weggekühlt wird, statt sie über Wärmetauscher zurückzugewinnen und in anderen Prozessen zu nutzen. Ähnlich sieht es bei elektrisch angetriebenen Maschinen und Systemen aus. 70 Prozent der Elektrizität in Betrieben wird dafür verbraucht, 20 Prozent davon ließen sich laut einer EU-weiten Studie wirtschaftlich einsparen. Oft durch simple Maßnahmen wie das Beheben von Lecks in Druckluftanlagen oder einer dem Bedarf angepassten Steuerung von Ventilatoren. Solche Maßnahmen amortisieren sich in Monaten, „aber sie sind oft nicht sexy genug, um realisiert zu werden“, glaubt Sattler. Der dritte Bereich mit großem Sparpotenzial ist aus seiner Sicht die Einbeziehung der Belegschaft: „Wir haben bei verschiedenen Projekten gesehen, dass motivierte Mitarbeiter deutlich bewusster mit Energie umgehen.“

Bewusstseinsbildung

Eine engere Verzahnung von Energie- und Produktionstechnik fordert Hans Schnitzer vom Institut für Prozess- und Partikeltechnik der TU Graz. „Energieeffizienz ist nicht trennbar von der Effizienz der gesamten Produktion“, betont er. Er begrüßt ein Energieeffizienzgesetz als Anreiz, Produktionsprozesse zu analysieren. Als Bremse für Investitionen in energiesparende Alternativen sieht er die derzeit niedrigen Energiepreise und die damit verbundenen längeren Amortisationszeiten. Hier hofft er auf Bewusstseinsbildung: „Schließlich gibt es schon jetzt viele Unternehmer, die betonen, dass sie umweltfreundlich und unabhängig von Gasimporten sein wollen.“

VERANSTALTUNG

Das geplante Energieeffizienzgesetz ist auch Thema des 1. Qualityaustria-Forums Energie- und Materialeffizienz. Die in Kooperation mit der OMV durchgeführte Veranstaltung läuft unter dem Subtitel „Intelligente Unternehmen brauchen kein Energieeffizienzgesetz“. Auf dem Podium diskutieren unter anderem Dieter Tuppinger, Leiter der OMV-Raffinerie Schwechat, Anna Maierhofer von den Illwerken VKW, Wolfgang Hackenauer, Netzwerpartner von Qualityaustria, und Franz Korbatis, Gebäudemanagement & Services, Siemens.
Termin: 28. Mai, 9 bis 16 Uhr, Laborgebäude der OMV-Raffinerie Schwechat. Die Teilnahmegebühr beträgt 190 Euro. Anmeldungen unter: www.qualityaustria.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2014)

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