Geschäft mit Wachstumspotenzial

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Der weltweite Markt für Energieeffizienz wächst jährlich um 16 Prozent. Das eröffnet Herstellern, Dienstleistern und Versorgern neue Betätigungsfelder.

Mit rund 440 Milliarden an jährlichem weltweiten Umsatz ist der Markt für Energieeffizienz zu einem dynamischen Geschäftszweig geworden. Prognostizierte Wachstumsraten von durchschnittlich 16 Prozent pro Jahr stehen für einen Bereich, der seinen Peak noch lange nicht erreicht hat. Die Zahlen aus der Studie „Helping Businesses become more energy efficient“ der internationalen Managementberatung Bain & Company geben Einblick in eine Welt, die vor allem von Unternehmensseite bestimmt wird.

Denn der Energieeffizienzmarkt ist nur zu rund 25 Prozent ein Verbrauchermarkt. Drei Viertel der Ausgaben für energiesparende Produkte und Dienste werden hingegen von Unternehmen nachgefragt. Aus gutem Grund: Zum einen drängen europäische und nationale Richtlinien auf die Einhaltung zunehmend rigiderer Effizienzgesetze, zum anderen erhöhen steigende Energiepreise insbesondere in energieintensiven Branchen den Kostendruck. Die Minimierung des ökologischen Fußabdrucks bei der Erstellung von Produkten wird dabei auch zur Imagefrage und somit zur Conditio sine qua non eines langfristig erfolgreichen Geschäftsmodells. „Viele Firmen haben sich ambitionierte Ziele gesteckt, und die meisten lassen sich dabei von Spezialisten helfen. Professionelle Energieeffizienzdienste zählen zu den weltweit größten Wachstumsfeldern“, bringt es Kim Petrick, Partner bei Bain & Company, auf den Punkt.

Pakt für Energieeffizienz

Glaubt man den Zahlen des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, zählt Österreich zu jenen Staaten, die – gemessen an der Wirtschaftsleistung – Energie besonders sparsam nutzen. Während das Bruttoinlandsprodukt in den letzten 50 Jahren um 138 Prozent gewachsen ist, ist der Energieverbrauch lediglich um 55 Prozent gestiegen. Was auch hierzulande insbesondere an Energieeffizienzmaßnahmen von Unternehmen liegt. Beispiele liefern etwa jene Firmen, die seit 2011 dem vom Ministerium initiierten heimischen Pakt für Energieeffizienz beigetreten sind. Bei der OMV ist unter anderem ein Konzept zur energetischen Optimierung im Bürogebäude in Umsetzung. „Im Fokus stehen konkrete Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauches für Beheizung und Beleuchtung der Büros, für die Optimierung der Kühlung des IT-Rechenzentrums sowie Green IT. Zudem setzen wir auf die Bewusstseinsbildung der Mitarbeiter hin zu einem energiesparenden Verhalten“, erklärt Gerhard Roiss, Vorstandsvorsitzender des Mineralölunternehmens. Dass solche Maßnahmen für alle Branchen maßgeblich sein können, zeigt die Liste der Paktteilnehmer, die neben der OMV von Kraft Foods Österreich über Philips Austria oder den Verbund bis hin zu McDonald's Österreich reicht.

Drei Gruppen können profitieren

Geht es nach der Bain-&-Company-Studie, so werden auf dem prosperierenden Markt drei Arten von Unternehmen besonders gute Zukunftschancen haben. Zum Ersten sind es die Energiedienstleister, die ihren Ursprung im Installations- oder Baugewerbe haben und sich in Richtung Wartung und Betrieb entwickeln. Sie können ihren Kunden mit ihren Kompetenzen im Engineering, Contracting und Facility-Management industrialisierte Services bieten. Zum Zweiten sind es die Hersteller von Industriegütern und –ausrüstung, die vom steigenden Bedarf ihrer Kunden, ältere und wenig effiziente Systeme und Anlagen auszutauschen, profitieren. „Einige Hersteller haben interessante Teilmärkte identifiziert und investieren intensiv in Systeme für Energiedatenmanagement und -steuerung. Dazu gehört beispielsweise der Aufzugshersteller Schindler“, hebt Bain-Berater Petrick ein österreichisches Unternehmen hervor. Und zum Dritten ergeben sich laut Studie Chancen für Energieversorger, die mit ihren Dienstleistungen erfolgreich sind, wenn sie eine enge Kundenbindung mit eigener Infrastruktur verbinden können.

Neue Beteiligungsmodelle

Eine Chance, die man sich zum Beispiel bei der Verbund AG nicht entgehen lassen will, wie ein jüngstes Bürgerbeteiligungsmodell in Bruck an der Leitha in Niederösterreich zeigt. Dort können beim Bau eines Windparks Bürger Anteile an der Anlage erwerben. „Gemeinsam mit lokalen Banken wurden zehn Millionen Euro ausgegeben. Im Frühjahr wird der Bau zweier Windparks abgeschlossen, der Bau eines dritten Projektes startet“, so Philipp Wieltschnig, zuständiger Projektleiter bei Verbund. Gedanken hat man sich beim heimischen Stromunternehmen auch darüber gemacht, was zu tun ist, wenn der Wind ausbleibt. Geboren wurde die Idee eines Powerpools, der Unternehmen die Chance geben soll, die Flexibilität ihrer Prozesse und Erzeugungsanlagen auf dem Markt zur Verfügung zu stellen. „Wir sammeln diese Flexibilitäten und vermarkten sie in Form von Regelenergie. Für ihr Mitwirken bekommen die Kunden Geld und können unter Umständen auch noch Energie sparen. Zudem erhalten sie Zugang zu einem Markt, der ihnen sonst verschlossen bliebe“, so ein Verbund-Sprecher. Ab Juli beginnt die Vermarktung des Projekts. An Interessenten sowie fixen Teilnehmern aus den unterschiedlichsten Industriebranchen soll kein Mangel herrschen.

AUF EINEN BLICK

Die großen Veränderungen auf den Energiemärkten eröffnen den Marktteilnehmern zahlreiche Chancen für Innovationen und Wachstum entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Die Studie „Helping Businesses become more energy efficient“ der internationalen Managementberatung Bain & Company identifiziert und empfiehlt sechs unternehmerische Grundregelnfür Erfolg im boomenden Energieeffizienzgeschäft:

1. Den gewerblichen Markt anstreben, da Unternehmen den größten Kundenkreis im Energieeffizienzmarkt bilden.

2.Wachstumswellen nutzen.

3. Auf den bestehenden Stärken aufbauen und den Hebel im eigenen Kerngeschäft ansetzen.

4.Langzeitargumentation aufbauen.

5. Auf Wärme und Strom konzentrieren.

6. Auf hohen lokalen Marktanteil achten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2014)

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