Warum Wiener Wiesen nicht weniger werden

Wiener Wald
Wiener Wald(c) Clemens Fabry / Die Presse
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Ausgerechnet in der Bundeshauptstadt werden die Blumenwiesen nicht weniger. Begründet wird das mit Naturschutz und Kontrolle – und damit, dass die Sensibilität für Natur und Artenvielfalt bei den Städtern steigt.

Wien. Die Wiener müssen sich um ihre Wiesen keine Sorgen machen. Nicht weil sie keine hätten, sondern weil diese alle geschützt und kontrolliert sind. Von einem Verschwinden der Blumenwiese kann in der Stadt daher keine Rede sein.

„Wir wissen ziemlich genau, wie viele Wiesen es in Wien gibt, nämlich sechs Prozent der Gesamtflächen. Das sind 2400 Hektar, davon bewirtschaftet das Wiener Forstamt 48 Prozent, der Rest wird privat oder von den Österreichischen Bundesforsten bewirtschaftet“, sagt Andreas Januskovecz, Forstdirektor der Stadt Wien. Diese Zahl ist in den vergangenen Jahrzehnten relativ konstant geblieben, „und zwar weil wir sie bewirtschaften. Würden wir das nicht tun, würde die Zahl sinken, weil die Wiesen verwalden würden.“

Ein Großteil der Wiener Wiesen befindet sich, wenig verwunderlich, im Wienerwald, aber auch am Bisamberg, in der Lobau oder auf der Donauinsel. Selbst artenreiche Magerwiesen gibt es – mangels einer starken Landwirtschaft – in Wien, wenn auch in kleinerem Ausmaß, etwa an Wegrändern oder an Dämmen, zum Beispiel beim Hubertusdamm nördlich der Donau.

Wie in Afrikas Steppe

Januskovecz ist vor allem auf die Wiener Besonderheiten stolz, wie die Heißländen, die sich in den Schotterinseln in der Donau gebildet haben. „Da kommt das Grundwasser nicht hin, und es ist extrem trocken. Da schaut es aus wie in der afrikanischen Steppe.“ Dort wachsen nicht nur Weißdorn, Sanddorn und Berberitze, sondern auch ganze Orchideenstauden. Insgesamt erstrecken sich die Heißländen auf einer bis zu 15 Hektar großen Fläche. Fettwiesen hingegen gebe es in erster Linie im Wienerwald und im Überschwemmungsbereich des Donauraums.

Und noch eine Besonderheit hat Wien zu bieten: Das Bewusstsein für das Thema Artenvielfalt ist paradoxerweise ausgerechnet in der Stadt groß, was nicht zuletzt am Urban-Gardening-Trend sichtbar wird. Januskovecz macht dafür auch das Thema Bienensterben verantwortlich, das vergangenes Jahr breit diskutiert wurde. „Die Leute sind sensibilisiert und sehen auch die Wiese nicht nur als Gstätten oder Baugrund, sondern machen sich um deren ökologische Funktion Gedanken.“ So hätte man vor fünf Jahren mit einem Wiener nicht darüber reden können, was eine Mager- und was eine Fettwiese ist. „Das war dem Wiener früher wurscht. Heute merken wir aber, dass sich die Leute damit auseinandersetzen“, sagt Januskovecz. So sei vor allem im vergangenen Jahr die Zahl der Anfragen an das Forstamt deutlich gestiegen.

Für den Städter steht bei den Blumenwiesen weniger die Landwirtschaft als Naturschutz und Artenvielfalt im Mittelpunkt. Nicht zuletzt, weil er sie auch als Erholungsgebiet nutzen will. (ks)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2014)

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