„Die Wehrpflichtreform ist gescheitert“

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Bundesheer (c) APA (BARBARA GINDL)
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Peter Schrottwieser, Vize-Präsident der Bundesheergewerkschaft, warnt vor Personalkürzungen. Durch den Spardruck könne man auch den Grundwehrdienst nicht attraktiver gestalten.

Die Presse: Am Mittwoch hat die blaue Gewerkschaft eine Demo gegen den Sparkurs beim Heer organisiert. Braucht es wirklich die FPÖ, um dem Unmut in der Truppe Ausdruck zu verleihen?

Peter Schrottwieser: Nein. Nur am Ballhausplatz werden wir das Problem nicht lösen. Die Situation ist dramatisch. Aber sie ist nicht erst durch die jüngsten Einsparungen entstanden und nur zum Teil Eigenbau.

Sondern?

Unser Problem ist das, was wir aus der Vergangenheit mitbringen. Wenn alles teurer wird, aber das Budget sinkt, dann geht es irgendwann nicht mehr.

Für Herbst wurde eine große Heeresreform angekündigt. Was erwarten Sie sich?

Es wird wohl über Schließungen von Standorten laut nachgedacht werden. Wenn Pinzgauer ausgemustert werden, die in unseren Werkstätten gewartet werden, fällt dort Arbeit weg. Dasselbe gilt für die Eurofighter: Wenn es keinen Sprit gibt, gibt es weniger Flugstunden. Dann gibt es keine Lizenz für Piloten, weil sie zu wenig Übung hatten. Und dann streichen wir letztendlich Personal.

Die Sparmaßnahmen sind also eine versteckte Personalreduzierung?

In Wahrheit ja.

Aber derzeit werden 70 Prozent des Budgets für das Personal aufgebraucht. Liegt es nicht nahe, in diesem Bereich zu sparen - wenn es nicht mehr Geld gibt?

Wir werden, was das Personal betrifft, jedes Jahr kleiner. Aber viel weniger sollten wir nicht mehr werden, damit wir uns noch Armee nennen können - und damit man uns überhaupt noch ernst nimmt.

Aber es gibt nun einmal nicht mehr Geld.

Die Politik hat aber eine Verantwortung. In der Verfassung steht, dass wir bestimmte Aufgaben bewältigen müssen. Ich habe nicht den Eindruck, dass dafür in Zukunft genug Mittel zur Verfügung stehen werden. Es wurde in der Vergangenheit über Sonderfinanzierungen debattiert, das wäre eine Möglichkeit.

Das klingt sehr utopisch.

Das Politik hat vielleicht den Ernst der Lage noch nicht zur Kenntnis genommen.

Wenn Sie Politik sagen, meinen Sie da Verteidigungsminister Gerald Klug?

Nein, ich meine die Regierung im Allgemeinen. In Wahrheit kann nur weiter oben etwas passieren. Innerhalb des Ressorts haben wir nicht mehr Sparpotenzial. Wir haben Bedienstete, denen kann man zwar den Arbeitsplatz wegnehmen, aber bezahlen muss man sie trotzdem.

Was wäre eine Alternative, mit der man sparen könnte?

Derzeit ist das Ziel, 1100 Soldaten ins Ausland zu schicken. Das Außenministerium hat es zwar gern, wenn wir das abdecken - unterstützt uns aber nicht finanziell. Ein gutes internationales Image ist zwar super. Aber nur, wenn man es sich leisten kann. Momentan können wir das nicht. 300, 400 Soldaten weniger wären schon eine Entlastung.

Durchgesickert ist auch die Überlegung, nur noch eine bestimmte Anzahl von Wehrpflichtigen einzuberufen, so viele, wie man auch tatsächlich braucht.

Das halte ich für nicht besonders klug, man erspart sich nicht wirklich etwas. Dazu wird auch noch die Debatte um die Wehrgerechtigkeit kommen.

In anderen Ländern funktioniert das aber trotzdem.

Wir sind aber in Österreich.

Das ist nicht wirklich ein Argument.

Die Wahlberechtigten haben bei der Volksbefragung eindeutig gesagt, dass das vorhandene System verbessert weiterbetrieben werden soll. Ich habe nicht den Eindruck, dass das wirklich passiert. Nicht, weil wir das nicht wollen. Sondern weil es nicht geht.

Das heißt, die Wehrpflichtreform ist in ihrer jetzigen Form gescheitert?

Meiner Meinung nach ist sie gescheitert. Das Schießen wird reduziert, das Fahren wird reduziert. Alles, was an Umbauten nicht schon passiert ist, wird in Zukunft nicht mehr passieren. Wo ist die große Attraktivität? Ich kann sie nicht finden. Vom Minister hört man beinahe täglich, dass die Attraktivierung stattfinden muss. Ich kann sie aber wirklich nicht sehen.

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