Die nächste Runde ist eingeläutet

Der Verlierer im Gezerre um Juncker steht fest: Es ist der Bürger.

Jean-Claude Juncker hüllt sich in Schweigen. Was sollte der EVP-Spitzenkandidat auch sagen angesichts des facettenreichen Machtkampfs um seine Person, der sich derzeit auf europäischer Bühne abspielt und um die eine traurige Frage dreht: Wer geht als Gewinner aus der Postenschacherei um die EU-Spitzenjobs hervor, an deren Beginn die Entscheidung über den künftigen Kommissionspräsidenten steht? Eines ist jetzt schon sicher: Juncker ist es nicht – selbst, wenn er das Amt am Ende erhält.

Das Gezerre um den Luxemburger geht in diesen Tagen in die nächste Runde. Es verlagert sich vom Machtspiel zwischen Rat und EU-Parlament hin zum Ringen zwischen links und rechts, zwischen strikten Anhängern der Sparpolitik und Freunden der Aufweichung von Austeritätskriterien. Die sozialdemokratischen Regierungschefs, bei denen Juncker mitunter eine höhere Unterstützung genießt als bei manchem EVP-Parteifreund, liebäugeln mit einer neuen Strategie: Der umstrittenen Personalie nur zuzustimmen, wenn im Gegenzug die Regeln des Stabilitätspakts flexibler ausgelegt werden.

Wieder geht es bei diesem Machtspiel nicht um eine konstruktive inhaltliche Debatte, die die Union so bitter nötig hätte, um das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen. Vielmehr haben die südlichen EU-Staaten, allen voran Frankreich und Italien, nun endlich ein Ass für eine alte Forderung im Ärmel: weniger sparen, mehr Wachstum auf Pump. Diese aber ist viel zu folgenschwer und umstritten, um sie zum Spielball in Personalverhandlungen zu machen.

Wer der Sieger dieses Machtkampfs sein wird, steht heute noch nicht fest. Der Verlierer hingegen schon: Es ist der Bürger.

anna.gabriel@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2014)

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