Bärbel Hausberger: "Dann stirbt der Ort"

Volksschule Ebnit
Volksschule EbnitJulia Neuhauser
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Pädagogin Bärbel Hausberger forschte zu Kleinschulen.

Sie haben Ihre Forschungsarbeit über Kleinschulen unter den Titel „Is small beautiful?“ gestellt. Ist es in Kleinschulen schöner oder besser?

Bärbel Hausberger: Kleinschulen werden nicht umsonst als pädagogische Nahversorger bezeichnet. Für Kinder ist es schön, wenn sie in ihrem vertrauten Umfeld bleiben können. Zudem sind die Schulwege häufig nicht so lang.

Sehen Sie auch Nachteile?

Die gibt es dann, wenn Schulen wirklich zu klein werden. Kinder brauchen zwei, drei Kollegen im selben Alter, mit denen sie sich messen können.

Halten die Kleinschulen dem Leistungsvergleich mit anderen Schulen stand?

Ja. Wir haben Schülern Leistungstests in Deutsch und Mathematik vorgelegt und gesehen, dass die Schulen durchaus auf Augenhöhe sind.

Gibt es Bereiche, in denen Kleinschulen sogar Vorbilder für andere Schulen sind?

In vielen Kleinschulen gibt es mehrstufige – also jahrgangsübergreifende – Klassen. Es ist interessant, dass diese durch die zunehmende Schließung von Kleinschulen einerseits verloren gehen und andererseits von Schulen in Ballungszentren wieder aufgegriffen werden. Es gibt immer mehr engagierte Lehrerinnen im städtische Raum, die diese Art des Unterrichtens für passend erachten.

Ist es eher der demografische Wandel oder der Spardruck, der Kleinschulen vermehrt zur Schließung zwingt?

Es ist sicherlich der dramatische Rückgang der Schülerzahlen. Auch die zunehmenden Urbanisierungstendenzen spielen eine große Rolle. Aber natürlich macht es auch der steigende Sparwille immer schwieriger für Kleinschulen. Ihnen wird zunehmend vorgeworfen, zu viel Geld zu fressen.

Was bedeutet der Verlust der Schule für ein Dorf?

Oft beklagen die Bewohner, dass nach der Schließung von Post, Polizei und Lebensmittelladen auch noch die letzten pulsierenden Zentren in einem Ort geschlossen werden. Ohne Schule stirbt der Ort, haben wir oft gehört. Durch eine Schulschließung kann es zu einem Abgang des Sozialkapitals kommen. Der emotionale Kit in der Bevölkerung geht verloren. Das sind Auswirkungen, die wir nicht sofort sehen werden, die es aber zu bedenken gilt.

Ist es ein Sterben auf Raten für einen Ort?

Ja. Die Gefahr, dass die Orte an Attraktivität für junge Familien verlieren, ist sicherlich gegeben. Es kann auch zu vermehrten Abzugstendenzen kommen. Viele Bewohner stellen sich zudem die bange Frage, was mit dem leerstehenden Gebäude passiert und wer die Landschaftspflege rund um die geschlossene Schule übernimmt. j.n.

Die Forscherin

Bärbel
Hausberger
(58) ist pädagogische Psychologin und Pflichtschullehrerin. Sie unterrichtet an der Kirchlich Pädagogischen Hochschule Graz und forschte zum Thema
Kleinschulen. KPH Graz

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2014)

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