Nein, den Tunnel brauchen wir wirklich nicht

Die Ausgabendiskussion gehört entideologisiert.

Brauchen wir den Brenner-Basistunnel?“, fragte ÖBB-Chef Christian Kern gestern ein wenig ungehalten. Er selbst wird das öffentlich natürlich nicht beantworten. Deshalb tun wir es: Nein, brauchen wir nicht! Bahnintern nennt sich dieses Milliardenprojekt „die größte und teuerste Lärmschutzwand Europas“. Aber, was soll man machen? Herr Platter hat die Hand drauf, so wie eben auch seinerzeit Herr Haider das Loch durch die Koralm durchgeboxt hat. Gelebte österreichische Realverfassung eben.

Die verhindert, dass große Infrastrukturvorhaben, die für einen modernen Industriestaat ja zweifellos notwendig sind, nach echten Kosten-Nutzen-Kriterien und ohne voodoomathematische Gutachten über astronomische Multiplikatoreffekte geplant werden. Dabei lägen gerade in einer seriösen Evaluierung dieser Milliardenprojekte ziemlich große Sparpotenziale.

Dazu müsste die Diskussion über den größten Ausgabenbrocken der Republik (ebenso wie jene über den zweitgrößten, die Agrarförderungen) erst einmal entideologisiert werden. Versuche, die Bahn zu modernisieren (wie sie von Kern zweifellos unternommen werden), haben jedenfalls ebenso geringe Aussicht auf Erfolg wie Versuche, die eingerostete Effizienz des Agrarsektors zu steigern, solange in diesen beiden Kernwählerreservoirs der Koalitionspartner Partei- und Regionalinteressen vor echter betriebswirtschaftlicher Betrachtung dominieren.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2014)

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