Kunst und Steuer: Wenn der Fiskus antanzt

SOUTH AFRICA BALLET
SOUTH AFRICA BALLET(c) APA/EPA/KIM LUDBROOK
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Der Kultursommer beginnt und bietet Künstlern von nah und fern nicht nur die Gelegenheit, auf der Bühne zu stehen, sondern auch, Geld zu verdienen. Das sollte auch korrekt versteuert werden.

Wien. Mit einer Steuernachzahlung von rund drei Millionen Euro muss das Burgtheater in den nächsten Monaten rechnen. Diese satte Steuerschuld soll auf formale Versäumnisse der kaufmännischen Geschäftsführung in den letzten Jahren zurückzuführen sein. Verabsäumt wurde nämlich, die Honorare von Künstlern korrekt zu versteuern, und zwar vor allem von jenen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, wie etwa in folgender fiktiver Konstellation:

1 Für eine Produktion an der Burg wird eine Schauspielerin, die in Berlin lebt, engagiert. Was hat das Theater aus steuerrechtlicher Sicht zu tun?

Zwei Spielarten sind möglich. Das Unternehmen zahlt dem deutschen Gast das Honorar unter Abzug der Quellensteuer aus. Die deutsche Schauspielerin erhält ihr Salär in diesem Fall schon versteuert. Die andere Variante: Das Theater kann das Geld an die Künstlerin auch unversteuert auszahlen. Gleichzeitig muss es genaue Aufzeichnungspflichten erfüllen, die je nach Höhe der Vergütung unterschiedlich sind. Wenn etwa die Berliner Mimin im Kalenderjahr mehr als 10.000 Euro verdient, darf ihr die Burg die Gage nur unter einer Voraussetzung ohne steuerliche Abzüge auszahlen: Sie muss zuvor eine Ansässigkeitsbescheinigung vorlegen. Das ist nichts anderes als die Bestätigung ihres zuständigen Wohnsitz-Finanzamtes und die Garantie für die auszahlende Stelle, dass der Empfänger seiner Steuerplicht an seinem Wohnsitz auch tatsächlich nachkommt. Legt die Darstellerin dieses Formular nicht vor, muss der Auftraggeber die Quellensteuer von 20Prozent einbehalten und an das Finanzamt abführen. Tut er das nicht, haftet er nach dem Einkommensteuergesetz für die Steuerschuld.

Doch auch die Künstler blieben von der aktuellen Steuerdebatte nicht verschont, zumal an der Burg – und wohl nicht nur dort – Honorare auch gern einmal bar ausgezahlt wurden. „Barauszahlungen sind per se nichts Böses“, sagt David Gloser, Partner der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ecovis, „wenngleich der unbare Zahlungsverkehr heute schon die Regel ist.“ Die Sorge, das Finanzamt könne bei dem einen oder anderen Künstler bald an der Tür klopfen, um die Steuererklärungen auf ihre Vollständigkeit zu überprüfen, ist nicht unbegründet. Es schadet daher nichts, vorbereitet zu sein. Hier ein weiterer fiktiver Fall:

2 Ein österreichischer Sänger ist bei der Volksoper angestellt. Zusätzlich wirkt er als freier Künstler bei diversen Konzerten in Österreich mit. So kommt er auf ein Jahreseinkommen von 70.000 Euro. Im Sommer wird er bei einer Gala in Berlin auftreten. Das vereinbarte Honorar dafür beträgt 10.000 Euro. Wie hat er dieses Zusatzhonorar aus Deutschland zu versteuern?

Grundsätzlich unterliegen in Österreich ansässige Künstler mit ihrem gesamten Welteinkommen der österreichischen Einkommensteuerpflicht. „Bei international tätigen Künstlern sind zusätzlich die Vorschriften der jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zu beachten. „Sie sehen vielfach ein Besteuerungsrecht des Auftrittsstaates vor“, sagt Gloser. Nach dem DBA mit Deutschland hat der deutsche Fiskus als Auftrittsstaat auf die deutschen Einkünfte das Besteuerungsrecht. „Der Veranstalter in Deutschland behält deshalb vom Honorar die deutsche Abzugssteuer für den ausländischen Sänger ein. Sie beträgt 15Prozent. Damit gelten aus deutscher Sicht die Einkünfte üblicherweise als versteuert“, erklärt der Wirtschaftsprüfer. In der Folge hat Österreich die 10.000 Euro von der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer des Sängers abzuziehen. „Allerdings darf die österreichische Finanz nach der sogenannten Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt die deutschen Einkünfte des österreichischen Sängers trotzdem für die Ermittlung des Steuersatzes für die übrigen (österreichischen) Einkünfte heranziehen“, sagt Gloser. Das heißt nichts anderes, als dass der Wiener Sänger aufgrund des Gala-Auftritts in Berlin in eine höhere Steuerstufe kommt, was konkret zu einer fiskalischen Mehrbelastung von 1300 Euro führt.

3 Nun die umgekehrte Variante: Eine niederländische Ballerina tanzt bei den Salzburger Festspielen. Ihr Honorar wird über eine holländische Künstleragentur abgerechnet. Ist die Gage der Tänzerin in Österreich zu versteuern?

Zwischen Österreich und den Niederlanden gibt es ein Doppelbesteuerungsabkommen. Demnach hat Österreich auf die österreichischen Einkünfte als Auftrittsstaat das Besteuerungsrecht. Ausländische Künstler unterliegen in Österreich einer beschränkten Steuerpflicht. Die Festspiele müssen daher 20Prozent des Honorars einbehalten. Wenn die Künstlerin Aufwendungen nachweist, kann auch nach der sogenannten Nettomethode vorgegangen werden. In diesem Fall sind 35 Prozent an Steuern vom Honorar abzüglich diverser Aufwendungen an das Finanzamt zu bezahlen.

Die Tatsache, dass eine ausländische Agentur zwischengeschaltet ist, der Künstler also in keiner direkten Rechtsbeziehung zum Salzburger Veranstalter steht, ändert an der Besteuerung des Künstlers gar nichts, es bleibt beim sogenannten Künstlerdurchgriff.

AUF EINEN BLICK

In Österreich ansässige Künstler unterliegen grundsätzlich mit ihrem gesamten Welteinkommen der österreichischen Einkommensteuerpflicht. Bei international tätigen Künstlern sind zusätzlich die Vorschriften der jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen zu beachten. Sie sehen häufig ein Besteuerungsrecht des Auftrittsstaates vor. In vielen Ländern erfolgt die Besteuerung durch den Einbehalt einer Abzugssteuer vom Künstlerhonorar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2014)

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