Aus der Raucherdebatte nichts gelernt

Der Allergiker als Feindbild. Wie nett.

Ja, Selbstständige werden hierzulande mit Auflagen reichlich gequält. Insofern kann man das Aufseufzen verstehen, wenn die nächste um die Ecke biegt.

Im Fall der „Allergieverordnung“ hält sich das Mitleid mit den Wirten aber in Grenzen. Aus zwei Gründen. Erstens: Die Wortmeldungen mancher Wirte sind bar jeglicher Empathie für jene, die unter einer eventuell auch gefährlichen Allergie leiden. Wenn Wirte auf dem Standpunkt stehen, Allergiker müssten selbst wissen, welche Speisen sie essen dürfen, zeugt das von Ignoranz. Denn das können sie eben nicht, außer man sagt ihnen, was drin ist. Man sieht einem Gericht seine Zutaten nicht an. Das ist ja der Witz, und darum ist Transparenz im Supermarkt schon länger selbstverständlich. Keiner muss für Allergiker kochen, man soll sie nur in die Lage versetzen zu entscheiden. Ist das so ungeheuerlich?

Zweitens: Die Art und Weise, wie man hierzulande mit der Allergieverordnung umgeht, zeigt, dass man aus der Raucherdebatte nichts gelernt hat. Anderswo gibt es klare Regeln: Infoblätter oder Hinweise in der Speisekarte. Bei uns gibt es eine wie auch immer geschulte Person, die mündlich Auskunft erteilt. Wenn sie etwas vergisst, ist es halt Pech – für den Gast und den Wirt. Diesbezügliche Kurse für die Wirte existieren übrigens noch kaum, 60.000 sind aber bis Dezember zu schulen. Das stimmt punkto Qualität mäßig froh.

Und so nährt diese österreichische Lösung einen hässlichen Verdacht: Im Gourmet-Wunderland ist es manchen offenbar lieber, der Gast weiß nicht so genau, was wo drin ist. Mit Allergien hat das eventuell gar nicht viel zu tun.

ulrike.weiser@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2014)

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