Kommunisten fühlen sich durch Christen bedroht

A view shows the Jiangbei Cathedral after a fire in Ningbo
A view shows the Jiangbei Cathedral after a fire in Ningbo(c) REUTERS (CHINA STRINGER NETWORK)
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Die christliche Gemeinschaft in China wächst. Das ruft die Behörden auf den Plan. Während Buddhismus und Konfuzianismus offizielle Unterstützung bekommen, werden Christen und Xinjiangs Muslime zunehmend unterdrückt.

Wien/Peking. 60 Meter hoch ragte der Turm der imposanten Sanjiang-Kirche in die Höhe. Ein markanter Punkt in den Vororten des im Südosten Chinas gelegenen Wenzhou. Zuweilen das „Jerusalem Chinas“ genannt, beherbergt die Metropole in der Provinz Zhejiang 1500 Kirchen. 15 Prozent der neun Millionen starken Bevölkerung sind Christen. Der Verwaltungsbezirk war lang für die entspannte Beziehung zwischen Kirche und Staat bekannt. Doch Ende April machten die lokalen Behörden kurzen Prozess: Nach heftigem Widerstand hunderter Gläubiger wurde das Gotteshaus dem Erdboden gleichgemacht. Insgesamt 40 Geistliche wurden verhaftet.

Die Zerstörung der Kirche war zugleich der Beginn eines verstärkten Vorgehens gegen Christen in Zhejiang. Seit Frühjahr stellten die Behörden der Provinz bereits hundert Abrissbescheide für Kreuze und Kirchen aus. Das Ziel ist die Entfernung sämtlicher religiöser Symbole – zunächst an gut sichtbaren Plätzen, dann von allen Kirchen. Laut internem Dokument soll das Vorgehen mit Verstößen gegen die Bauordnung begründet werden, um Kritik zu vermeiden.

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Rein formelle Religionsfreiheit

Die stetig wachsende christliche Gemeinde mit rund 70 Millionen Anhängern ist Chinas Führung ein Dorn im Auge. Es wird geschätzt, dass sie bis 2030 auf 247 Millionen Anhänger wachsen wird. Das Christentum wird in China mit dem westlichem Imperialismus des 19.Jahrhunderts in Verbindung gebracht. Selbst heute noch sieht die KP den christlichen Glauben als Vehikel westlicher Werte und als Bedrohung für die von ihr sanktionierte Kultur. Religionsfreiheit ist in China zwar gesetzlich verankert. Dennoch ist nur offiziell anerkannten religiösen Institutionen die Glaubensausübung gestattet.

Dabei handelt es sich bei den betroffenen Kirchen um offiziell abgesegnete „patriotische“ Gemeinden. Die Zahl der in illegalen Hauskirchen betenden Christen, die den Papst anerkennen und der Regierungskontrolle entgehen, liegt im Dunkeln. Der Zuspruch zum Christentum wird von Anhängern anderer Religionen mit Argwohn gesehen. Zunehmend werden diese von der KP im Rahmen der Förderung chinesischen Kulturguts unterstützt. Nicht nur der Buddhismus soll an Bedeutung gewinnen, sondern auch lang geächtete Traditionen wie Konfuzianismus, Feng-Shui oder Wahrsagerei.

Auch die Uiguren Xinjiangs werden unterdrückt. Sie sind nur ein Teil der 20 Millionen Muslime Chinas, stehen aber unter „Terrorverdacht“. In einer massiven Kampagne gehen die Behörden wieder verstärkt gegen sie vor. Auslöser war eine chinaweite Anschlagserie in den vergangenen Monaten, für die Separatisten der muslimisch-uigurischen Minderheit verantwortlich gemacht werden.

Dabei wird wenig Wert auf Differenzierung gelegt – die gesamte islamische Gemeinschaft der nordwestlichen Provinz ist von den strengen Maßnahmen betroffen. Während des Monats Ramadan wurde Beamten und Studenten in Xinjiang verboten zu fasten. Die Unruhen werden von Kritikern aber gerade auf die Marginalisierung der Uiguren in der chinesischen Gesellschaft zurückgeführt. Die Unzufriedenheit wegen religiöser und ethnischer Unterdrückung, Armut und Arbeitslosigkeit wächst.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2014)

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