Auf dem Planeten der Affen haben Menschen das Nachsehen

Planet der Affen
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In Matt Reeves' Fortsetzung begegnen einander Menschen, Schimpansen, Bonobos und Orang-Utans auf Augenhöhe.

So muss sich das angefühlt haben, als man zum ersten Mal die computeranimierten Dinosaurier durch Steven Spielbergs „Jurassic Park“ (1993) stampfen gesehen hat. „Planet der Affen: Revolution“ (der viel schönere Originaltitel: „Dawn of the Planet of the Apes“) eröffnet mit einer Reihe von Sequenzen, bei denen einem der Mund offen stehen bleibt. Minutenlang ist keine Menschenseele zu sehen. Die Primaten geben den Ton an und man hegt keinen Moment Zweifel daran, dass die Schimpansen, Bonobos und Orang-Utans direkt vor der Kamera stehen und miteinander via Zeichensprache kommunizieren (Mensch liest Untertitel mit).

Aber es sind digitale Geschöpfe, zum Leben erweckt mit Performance Capture. Die Technik hat sich in den Jahren, seit Peter Jackson sie mit seinem Gollum popularisiert hat, rasant weiterentwickelt: Schauspieler spielen die Sequenzen in einem speziellen, mit Markern ausgestatteten Anzug nach, der jede noch so kleine Bewegung des Körpers sowie die Mimik aufzeichnet. Computerkünstler modellieren die digitalen Kreaturen dann über dieses Datenskelett. Der Fotorealismus-Effekt der Tiere in „Planet der Affen: Revolution“ ist nachhaltig erschütternd und unendlich faszinierend. Der Planet der Affen, wie ihn sich Autor Pierre Boulle in seinem vor über fünfzig Jahren erschienenen Roman „La Planète des singes“ vorgestellt hat, wird zur greif- und spürbaren (Film-)Wirklichkeit.

Nachdem die Primaten sich in „Planet der Affen: Prevolution“ (2011) gegen die Menschengesellschaft, die sie jahrzehntelang misshandelt hat, aufgelehnt haben, sind sie im dichten Wald bei San Francisco verschwunden. Anführer Caesar (meisterlich dargestellt von Andy „Gollum“ Serkis im Performance-Capture-Anzug) hat in den Jahren seit dem Aufstand eine primitive Zivilisation aufgebaut. Der experimentelle Virus, der seine Intelligenz sprunghaft ansteigen hat lassen, hat in derselben Zeit die Menschenwelt ausgelöscht. Nur eine kleine Gruppe, die dagegen immun ist, hat überlebt und sich im Trümmertal von San Francisco zusammengerottet. Da es keine Energiequellen gibt, versucht Malcolm (Jason Clarke), mit Caesar zu verhandeln – dessen Affensiedlung liegt nämlich direkt an einem Staudamm.

Affen mit Maschinengewehren. Pierre Boulles zivilisationskritischer Roman ist ein zentraler Mythos der Popkultur geworden: Die darin angelegten, immer noch radikalen und provokanten Gedanken über den Menschen im Tier und das Tier im Menschen arbeitet Regisseur Matt Reeves kongenial in seine Science-Fiction-Dystopie ein. Mensch und Affe begegnen einander darin auf Augenhöhe: Die einen sind durch eine Virenpandemie auf eine primitive Gesellschaftsform zurückgeworfen, die anderen errichten gerade eine Art Vorzivilisation im Wald. Und irgendwann reiten die Affen dann durch die Stadt, hoch zu Ross, die Maschinengewehre drohend in die Luft gereckt.

Matt Reeves' Inszenierung ist für einen Großfilm ungewöhnlich intelligent: Bevor er Radau schlägt, bringt er seine Figuren dem Zuschauer nahe. Dass die Charakterarbeit auf der Seite der Affen genauso gut funktioniert wie auf der der Menschen, ist beeindruckend. Wenn dann im finalen Drittel die Schlacht um den Planeten der Affen (oder Menschen?) ausbricht, fällt sie auf den vorher aufbereiteten emotionalen Nährboden. Als Zuschauer sitzt man mitten in den Action-Aufbauten und vergräbt die Finger immer tiefer in der Sessellehne. „Planet der Affen: Revolution“ ist, wie schon sein Vorgänger, ein Ausnahmefilm: perfekt austariert zwischen Unterhaltung und Anspruch, zwischen Spektakel und Philosophie, zwischen Affen und Menschen.

AffenFakten

Fast realistisch.Koba, der böse Gegenspieler des Schimpansen Caesar, ist im Film aus unerfindlichen Gründen ein Bonobo. In der Natur sind Bonobos friedlich, Schimpansen ziehen hingegen in Kriege.

Auch Tränen, die aus Affenaugen kullern, gibt es in der Natur nicht. Ansonsten hält Primatologe Frans de Waal den Film eher für realistisch. Er zitiert einen Kollegen: „Gäbe man Schimpansen Gewehre, würden sie sie auch benutzen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2014)

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