Adi Hütter: "Erfolg ist kein Selbstläufer"

CHAMPIONS LEAGUE QUALIFIKATION: PK RED BULL SALZBURG IN BAKU: HUeTTER
CHAMPIONS LEAGUE QUALIFIKATION: PK RED BULL SALZBURG IN BAKU: HUeTTERAPA/GEORG HOCHMUTH
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Salzburgs Trainer Adi Hütter spricht vor dem Champions-League-Play-off gegen Malmö mit der "Presse am Sonntag" über den Umgang mit Stars und erinnert sich an 1994 und Otto Barić.

Die ersten drei Monate als Salzburg-Trainer liegen hinter Ihnen. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?

Adi Hütter: Ich glaube, mir ist der Salzburg-interne Übergang nach Roger Schmidts Wechsel gut gelungen. Wir sind gut gestartet, haben in den ersten sieben Pflichtspielen sechs Siege gefeiert, dazu 34 Tore geschossen. Alles läuft nach Plan.

Unter Vorgänger Roger Schmidt haben die Spieler immer wieder ihre besondere Beziehung zum Trainer hervorgehoben. Mussten Sie die Mannschaft erst von Ihren zwischenmenschlichen Fähigkeiten überzeugen?

Sportlich hatte die Mannschaft ja schon vor meinem Engagement ein Gesicht, diesbezüglich möchte ich fortführende Arbeit leisten. Auf zwischenmenschlicher Ebene war es natürlich mein Ziel, die Spieler so schnell wie möglich für mich zu gewinnen. Sie hatten eine Beziehung zu Roger Schmidt aufgebaut – und von mir anfangs kein wirkliches Bild.

Wie sind Sie an diese Aufgabe herangetreten?

Ich habe viel Zeit investiert. Man darf nicht glauben, dass es mit einem zehnminütigen Gespräch zwischen Spieler und Trainer getan ist. Ich habe mich mit jedem Einzelnen mindestens eine Stunde ausgetauscht, um ein Gefühl der Nähe zu entwickeln. Es sind interessante, auch lustige Gespräche entstanden, die sich nicht immer nur um Sportliches gedreht haben.

„Führung heißt, Spieler dorthin zu bringen, wo sie allein nicht hinkommen.“ Bitte führen Sie Ihre Aussage weiter aus.

Spieler brauchen einen Trainer, der mit ihren Stärken und Schwächen arbeitet, Potenziale erkennt und versucht, ihnen in schlechteren Phasen weiterzuhelfen. Als Trainer musst du dich ständig mit deinen Spielern beschäftigen, egal, ob sie nicht im Kader stehen oder private Probleme haben. Es geht um konstruktive und lösungsorientierte Denkweisen. Hinter jedem Spieler steckt schließlich ein Mensch.

Stars eilt häufig der Ruf voraus, kompliziert zu sein. Haben Sie im Umgang mit von ausländischen Klubs begehrten Topspielern wie Sadio Mané oder Kevin Kampl schon negative Erfahrungen gemacht?

Stars werden von der Öffentlichkeit und den Medien zu solchen gemacht. Wenn man die Burschen dann aber näher kennenlernt, zeigt sich rasch, wie sie ticken. Meine Spieler haben allesamt eine sehr professionelle Einstellung, das sind tolle Charaktere. Es gibt keinen einzigen Spieler in unserem Kader, bei dem ich annähernd das Gefühl habe, dass er schwer zu behandeln ist.

Es fällt Ihren Spielern also auch nicht schwer, sich nach Kantersiegen schon am nächsten Wochenende in Wr. Neustadt oder Altach erneut vollends zu motivieren?

Unser Erfolg ist kein Selbstläufer oder gar Zufall, es steckt viel Arbeit dahinter. Wir investieren unter der Woche etliche Stunden auf dem Platz oder beim Videostudium, um am Wochenende erfolgreich zu sein.

Kapitän Jonatan Soriano war nach seinen fünf Toren gegen Grödig in aller Munde. Ist er der kompletteste Spieler der Bundesliga?

Es gibt viele gute Spieler in Österreich, speziell in Salzburg. Ob Soriano der beste ist, will ich nicht beurteilen. Mané oder Kampl sind ganz andere Spielertypen mit großer Klasse. Jonny ist ein Vorzeigeprofi mit irrsinnig hoher Qualität, und ich bin froh, ihm nicht mehr als gegnerischer Trainer zu begegnen.

Der Belgier Massimo Bruno kam mit vielen Vorschusslorbeeren nach Salzburg, wirkte bislang aber meist nur kurz mit. Wird er noch sprichwörtlich explodieren?

Davon gehe ich aus. Massimo ist auf einem guten Weg, aber er muss unsere Spielidee noch mehr verinnerlichen. Das funktioniert nicht von heute auf morgen. Klar ist aber auch, dass die Konkurrenz auf seiner Position groß ist.

Wann haben Sie sich eigentlich dazu entschlossen, Trainer zu werden?

Ich war mit 26 Jahren Kapitän von Austria Salzburg, habe damals eine Führungsrolle eingenommen und dabei gemerkt, dass ich eine gewisse persönliche Kompetenz mitbringe. Ich habe mir gedacht: „Das Trainergeschäft könnte dir liegen.“ Red Bull Salzburg hat mir später bei den Juniors den sofortigen Umstieg vom Spieler ins Trainergeschäft ermöglicht.

Der reibungslos ablief?

Keineswegs. Spieler und Trainer, das sind zwei völlig unterschiedliche Berufe. Ich habe individuell mit Jungs wie Stefan Ilsanker, Harald Pichler oder Clemens Walch gearbeitet, habe gesehen, wie schön, aber zugleich anstrengend dieser Job sein kann. Während meiner Tätigkeit in Altach wurde mir dann bewusst, wie viel mir noch zu einem richtigen Trainer fehlt. Ich habe mir fortan zusätzliche Qualifikationen angeeignet, viel in Kommunikation und Coaching investiert. Heute bin ich vielmehr ein sachlicher als emotionaler Trainer.

Gab es einen Trainer, der Sie besonders geprägt hat?

Die schillerndste Trainerfigur war bestimmt Otto Barić. Jetzt, da ich selbst Trainer bin, verstehe ich viel besser, was er oder andere Trainer früher gemeint haben. Barić war nicht nur ein großartiger Motivator, er war auch ein exzellenter Taktiker, der das Spiel sehr gut lesen konnte.

Gegen Malmö könnten Sie es Barić gleichtun und 20 Jahre später mit Salzburg in die Champions League einziehen.

Das wäre ein absoluter Traum. Salzburg ist seit acht Jahren dahinter, dieses Ziel zu erreichen. Heuer haben wir sehr gute Chancen, und ich will das in mich gesteckte Vertrauen in Form der erfolgreichen Qualifikation zurückzahlen.

Wie frisch sind Ihre Erinnerungen an die Saison 1994/1995 und Spiele gegen Ajax oder Milan?

Ich habe noch viele schöne Bilder im Kopf. Jetzt wünsche ich mir, dass meine Spieler Ähnliches erleben dürfen.

Der ewige Traum

Sechsmal ist Salzburg in der Ära Red Bull bislang am Versuch gescheitert, sich für die Champions League zu qualifizieren. Das Aus kam dabei nicht nur gegen namhafte Gegner wie Valencia (2006) oder Fenerbahçe (2013), die Pleite gegen Halbprofis aus Düdelingen (2012) bleibt ewig in Erinnerung.

Im siebenten Anlauf soll sich die Tür zur Königsklasse nun endlich öffnen. Letzte Hürde ist Schwedens Meister, Malmö FF. Das Hinspiel findet am Dienstag in Salzburg statt (20.45 Uhr, live in Puls4, Sky), das Rückspiel in Malmö am 27. August.

Steckbrief

Adolf „Adi“ Hütterwurde am 11. Februar 1970 in Hohenems, Vorarlberg, geboren.

Seine Spielerkarriere begann Hütter in Altach, weitere Stationen waren GAK, Lask, Austria Salzburg, Kapfenberg und Red Bull Juniors. Seine größten Erfolge feierte er mit der Salzburger Austria. Hütter wurde dreimal Meister, erreichte 1994 das Finale des Uefa-Cups und spielte Champions League.

2007, unmittelbar nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn, wechselte Hütter in das Trainergeschäft.Er coachte die Red Bull Juniors, zunächst noch als Ko-Trainer. Von 2009 bis 2012 betreute er Altach, ehe er zu Grödig wechselte, in die Bundesliga aufstieg und dort mit dem Dorfklub den dritten Platz belegte.

Im Mai 2014 folgte er Roger Schmidt als Salzburg-Trainer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2014)

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