Digitale Finanzwelt: Am Ende bleibt der Mündige allein

Symbolbild: Sparbuch
Symbolbild: Sparbuch (c) Michaela Bruckberger
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Sozialminister Hundstorfer sprach über leichtfertiges Geldausgeben via Mobiltelefon und Eigenverantwortung. Mit Bank-Austria Vorstand Bernkopf tauschte er die Rolle.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) legte gestern, Mittwoch, in der Alpbacher Hauptschule ein Geständnis ab. „Ich habe ein Problem, wenn ich einen Tag lang kein Handy habe", sagte er bei der Breakout-Session „Von der Geldbörse zum Smart-phone". „Ein Leben ohne Tablet ist auch für mich nicht mehr vorstellbar - vom Taschengeld bis zur Wetterprognose, ich organisiere per Klick", ergänzte Helmut Bernkopf, Vorstand der Bank Austria. Neben den praktischen Vorteilen der mobilen Endgeräte und ihrer unsichtbaren Verbindung ins Web ging es in der Diskussion mit den rund 20 Teilnehmern auch um die Gefahren, die dort lauern.

Schulden per Knopfdruck

Aktuell bezahlen 20 Prozent der Österreicher mit der Bankomatkarte, bis 2020 könnte sich das Verhältnis umdrehen. „Unsere Konsumrealität verändert sich", sagte Koordinatorin Katharina Norden von Three Coins. „Wir erleben in Europa eine junge Generation, die sich einen einfachen Zugang zu den Finanzen wünscht. Zahlen, ohne Banknoten in die Hände zu nehmen, ist bequem, führt aber oft zu leichtfertigen Ausgaben." So sei jeder dritte Klient der Schuldenberatung in Österreich unter 30 Jahren alt und im Durchschnitt mit 32.000 Euro verschuldet. Auch das Mobiltelefon verleite zum unmäßigen Geldausgeben, wie Hundstorfer mit einem persönlichen Beispiel skizzierte. „Da stehen dann plötzlich auf der Abrechnung der Kinder 3000 SMS", so der dreifache Vater.

Beruflich sah er sich auf drei Ebenen mit der fortschreitenden Digitalisierung konfrontiert: jener des Konsumentenschutzes, der Senioren („1,5 Millionen Pensionisten haben kein Internet und bestehen auf dem Zahlschein.") und der Schuldenberatung („Rund eine Million der unselbstständig Erwerbstätigen ist einmal im Jahr arbeitslos").

Sein Ministerium versuche daher, aufzuklären und Richtlinien zu formulieren. „Alles wird einem vorgeschrieben", kritisierte ein Teilnehmer. „Warum darf man nicht mal auf die Schnauze fallen?" „Niemandem soll die Eigenständigkeit genommen werden", so der Minister, „wir schaffen einen rechtlichen Rahmen, in dem sich der Einzelne bewegt - und am Ende bleibt der mündige Bürger übrig. Er allein entscheidet."

Daten via App bündeln

Als Hilfsmittel auf dem Weg zu richtigen Entschlüssen schlug Unternehmerin Angela Tesar eine App vor, „die Daten bündelt". Sie selbst habe „so viele Apps wie Schuhe", sagte sie. Benutzen würde sie alle zwar nur selten, Speicherplatz stehle ihr das aber permanent. Auch Rainer Schamberger, Geschäftsführender von Payment Services Austria, sprach sich auch für ein All-in-one-Paket aus, etwa das Handy als Alarmanlage: „Vor einer Transaktion wird per Signalton gewarnt, um nicht ins Minus zu rutschen."

Am Ende des Arbeitskreises stand ein Rollentausch: Hundstorfer versetzte sich in die Lage von Bernkopf und erklärte, er würde seine Bankmitarbeiter darauf einstimmen, ihre Kunden bald nur noch digital zu sehen. Der Austria-Vorstand mimte Tesar und kündigte an, eine App entwickeln zu wollen, die „die Haushaltsrechnung und das Bankkonto verknüpft", um sie dann „teuer an eine Bank zu verkaufen". Die Reaktion: Applaus und die Aufforderung: „Machen Sie sich selbstständig."

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