EU sagt Bonus-Schwindlern Kampf an

The logo of HSBC Bank is seen on an office building in Mexico City
The logo of HSBC Bank is seen on an office building in Mexico CityREUTERS
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EU-Kommissar Barnier will keine Umgehung einer neuen EU-Regel zur Deckelung von Bonuszahlungen an Bankmanager dulden. London hat gegen das Gesetz vor dem EuGH geklagt.

Wien/Brüssel/London. Wenn es um die Gehälter ihrer Topbanker geht, sind Finanzinstitute traditionell erfindungsreich – und scheuen keine Mühe, lästige Gesetze zur Regulierung der oft üppigen (Bonus-)Zahlungen mit findigen Tricks zu umgehen. Finanzmarktkommissar Michel Barnier will das nicht länger dulden. Da immer mehr Banken wie HSBC oder Barclays ihren Managern monatliche Gehaltszulagen gewähren, um das neue EU-Gesetz zur Deckelung von Boni abzuschwächen, will der Franzose jetzt hart durchgreifen: In einem Brief forderte er die Europäische Bankenaufsicht (EBA) dazu auf, ihre Einschätzung zur Rechtmäßigkeit der Zulagen schon Ende September fertigzustellen, und nicht wie geplant erst Ende des Jahres.

Es werde eine „unerwartet schnelle und koordinierte Antwort der Behörden geben“, drohte er. Details ließ Barnier zwar vorerst offen – der britische Bankenverband aber äußerte unvermittelt Empörung: „Wir glauben, dass Entscheidungen über die Vergütung Sache der Aktionäre sind und nicht der Politiker“, hieß es in einer Stellungnahme der Interessenvertreter.

Die Begrenzung der Bankerboni ist Teil eines Gesetzespakets, das die EU Mitte 2013 als Konsequenz aus der Finanzkrise beschlossen hat, um die Risikobereitschaft einzudämmen. Die Boni sollen ab diesem Jahr (Auszahlung 2015) für jene Manager, die mehr als eine halbe Million Euro jährlich verdienen, auf die Höhe des Grundgehalts gedeckelt werden – es sei denn, die Eigentümer des Instituts stimmen einer Obergrenze von bis zu 200 Prozent zu. In den vergangenen Jahren bekamen Investmentbanker allerdings häufig das Vier- bis Fünffache ihres Fixgehalts ausbezahlt: Grund genug für die Banken, nun die geringeren Boni auszugleichen.

Viele Institute in der EU haben die Grundgehälter bereits erhöht oder zahlen ihren Topmanagern Sondervergütungen. Diese sind zwar formal an die jeweilige Position des Mitarbeiters geknüpft. Die EBA aber hat den Verdacht, dass sie wie Boni eine Belohnung für besondere Leistungen sind – was freilich verboten wäre. Nach einer Erhebung der Bankenaufsicht vom Juni dieses Jahres sind die Boni der Topbanker in der EU zwischen 2011 und 2012 im Schnitt um fast ein Drittel auf 187.441 Euro gesunken, die Grundgehälter dafür in etwa gleichem Maße auf 172.379 Euro gestiegen. Auch halten sich die meisten Institute nicht an die bereits geltende Regel, einen Teil des Bonus erst nach drei bis fünf Jahren auszuschütten.

Deshalb sollen jetzt neue Regeln erlassen werden, „um sicherzustellen, dass diese Praktiken nicht dazu führen, dass die neu eingeführten Obergrenzen umgangen werden“, verlautet aus der EBA.

Anhörung beim EuGH

Europaweit sind von den Bonilimits etwa 10.000 Banker betroffen. Ein Großteil davon arbeitet in Großbritannien: Allein von jenen 3500 Topbankern in der EU, die im Jahr mehr als eine Million Euro verdienen, sind drei Viertel in der Londoner City beschäftigt. Nicht umsonst hat Großbritannien bereits im September 2013 vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die neuen Bonusbeschränkungen geklagt: Diese sind nach Ansicht der Regierung nicht durch EU-Recht gedeckt. London befürchtet, dass die Topbanker des Landes in Asien oder den USA anheuern, wo es keine Obergrenzen für Bonuszahlungen gibt. Am gestrigen Montag fand eine erste Anhörung in der Sache statt; eine Entscheidung des EuGH wird aber nicht vor Jahresende erwartet.

Auch der Vergütungsexperte der Managementberatung Mercer, Stefan Würz, kritisiert die neuen Regeln – allerdings aus einem anderen Grund: Die Absicht des Gesetzgebers, die Banker von allzu riskanten Geschäften abzuhalten, könne konterkariert werden, warnt er – weil die Vergütungen nicht so stark an die Leistung des Mitarbeiters gekoppelt würden. „Eine Verringerung der variablen Gehaltsbestandteile bei gleichzeitiger Erhöhung der fixen Vergütung und der Zulagen kehrt die beabsichtigte Wirkung ins Gegenteil.“ (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2014)

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