Poker um die Kriegsopferabgabe

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Ein Exekutionsbescheid der Stadt Bregenz bedroht die Concorde Card Casinos. Ihr Chef, Peter Zanoni, hofft auf die in der Bundesabgabenordnung vorgesehene „Abschreibung“.

Wien/Bregenz. So schnell gibt Peter Zanoni nicht auf. Der Mann, der zwölf Pokersalons unter dem Namen Concord Card Casinos führt, hat schon viel zu viele Rechtskämpfe ausgefochten. Und etliche auch gewonnen. So etwa hob der Verfassungsgerichtshof (VfGH) im Juli 2013 die Ausschreibung von nur einer Pokerlizenz im Glücksspielgesetz wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz auf. Worauf das Finanzministerium drei Pokerlizenzen in Aussicht stellte – sie sind aber noch nicht einmal ausgeschrieben.

Jetzt kämpft Zanoni an einer neuen, nicht weniger brisanten Front – schließlich geht es um die Existenz seiner CBA Spielapparate und Restaurantbetriebe GmbH, die die Poker-Spielstätten betreibt und bundesweit 600 Mitarbeiter beschäftigt. Die Stadt Bregenz hat vor einigen Tagen einen Exekutionsbescheid über 8,5 Mio. Euro gegen die CBA ausgestellt. Das ist laut Zanoni fast das Dreifache des Jahresumsatzes des Bregenzer Pokersalons. Die CBA setzte 2013 in Summe 15,437 Mio. Euro um.

Weshalb Zanoni – unterstützt von den Rechtsanwälten Kurt Retter und Benjamin Twardosz (Kanzlei Wolf Theiss) – mit dem Land Vorarlberg einen Kompromiss erreichen will. Der Unternehmer bezieht sich dabei auf die Paragrafen 235, 236 und 237 der Bundesabgabenordnung: Dort heißt es sinngemäß, dass Abgabenschulden ganz oder zum Teil erlassen bzw. gelöscht werden können, wenn alle Möglichkeiten der Einbringung erfolglos versucht worden sind – oder wenn die „Einbringung nach der Lage des Falles unbillig wäre“.

Gutachten zugunsten Löschung

Dazu hat Zanoni auch ein Gutachten der Uni-Professorin Tina Ehrke-Rabel (Institut für Finanzrecht der Uni Graz) vorgelegt. Sie kommt zu dem Schluss: „Der vorliegende Fall gebietet somit eine Ermessensübung zugunsten der Löschung.“

Der Auslöser für den Streit ist ein Relikt aus der Vergangenheit: die Kriegsopferabgabe. Während Tirol gerade dabei ist, diese abzuschaffen, hält das Ländle daran fest. Und hat – nach einem jahrelangen Streit mit Zanoni – vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) einen Sieg errungen. Das Höchstgericht hat im April 2012 entschieden, dass die Abgabe nicht wie früher am Eintrittsgeld für das Pokerlokal bemessen werde, sondern am gesamten Spielereinsatz. Die Rückstände machen nun laut der Stadt Bregenz 8,5 Mio. Euro aus.

Zanoni argumentiert, nur für die Bereitstellung der Tische und Croupiers eine Tischgebühr von rund drei bis 3,5 Prozent der Einsätze einzuheben. Denn die Spieler pokern gegeneinander und der Gewinn wird großteils ausgezahlt. Schließlich gelte seine Gewerbeberechtigung für die „Veranstaltung und Organisation erlaubter Kartenspiele ohne Bankhalter“. Auch das Glücksspiel- bzw. das 2014 novellierte Abgabenänderungsgesetz bezieht sich darauf (Spiele „ohne Bankhalter“).

Die Bemessungsgrundlage ist noch in einer weiteren Causa der Knackpunkt: Das Finanzministerium hat zwar im Zuge der geplanten Lizenzausschreibung für alle Betreiber von Pokersalons mit einer aufrechten Gewerbeberechtigung – so auch die CBA – die Übergangsfrist bis Ende 2016 verlängert. Dennoch hat das Finanzamt Zanoni schon für 2012 eine Glücksspielabgabe vorgeschrieben – und zwar exakt 57.537.707,24 Euro. Das entspräche dem Vierfachen des Jahresumsatzes und dem rund 50-Fachen des Betriebsergebnisses, erläutert die CBA in der im Firmenbuch veröffentlichten Bilanz 2012.

Die Begründung der enormen Abgabenhöhe folgt derselben Rechtsmeinung wie bei der Kriegsopferabgabe: dass die Glücksspielabgabe in Höhe von 16 Prozent von den gesamten Einsätzen der Pokerspieler berechnet werden müsse. Zanoni hat gegen die Abgabenvorschreibungen beim Unabhängigen Finanzsenat berufen und auch beim VfGH eine Beschwerde gegen das Glücksspielgesetz eingebracht.

Die Uhr tickt, denn bekommt Zanoni nicht recht, muss er Insolvenz anmelden. Da der CBA auch schon für 2011 eine entsprechende Glücksspielabgabe vorgeschrieben worden sein dürfte, weist die Gesellschaft im Jahr 2012 nicht nur einen Bilanzverlust von 126,333 Mio. Euro aus. Sie hat auch ein negatives Eigenkapital von 126,126 Mio. Euro. Das bedeutet eigentlich eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts.

„Keine Insolvenzgefährdung“

Die CBA führt als Begründung, warum das nicht so ist, die anhängigen Probleme wegen der Kriegsopferabgabe und der Glücksspielabgabe an. Und sie zieht den Schluss: Würde es mit der Stadt Bregenz zu einer Einigung kommen, dass sie diese Nachsicht gewährt, und die Bemessungsgrundlage für die Kriegsopferabgabe und die Vergnügungssteuer jährlich rund 350.000 Euro betragen, und würde weiters die Glücksspielabgabe wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben, hätte die Gesellschaft im Berichtsjahr einen Gewinn vor Steuern von rund 1,5 Mio. Euro ausgewiesen. „Eine Insolvenzgefährdung ist aufgrund der vorerwähnten Sachverhalte nicht gegeben.“

Hätte, wäre, sollte: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

AUF EINEN BLICK

Der Exekutionsbescheid der Stadt Bregenz in Höhe von 8,5 Mio. Euro bedroht die unter dem Namen Concord Card Casinos von Peter Zanoni geführten zwölf Pokersalons. Die Stadt beruft sich auf einen Entscheid des Verwaltungsgerichtshofs, wonach für die Bemessung der Kriegsopferabgabe der gesamte Spieleinsatz heranzuziehen sei. Zanoni argumentiert, dass er nur eine Tischgebühr kassiere und die Einsätze fast zur Gänze als Gewinne an die Spieler gingen. Laut Bundesabgabenordnung gibt es die Möglichkeit, Abgabenschulden zumindest teilweise abzuschreiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2014)

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