Kritik: Radio: Es „böhmakelt“ beim „Guglhupf“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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In Ö1 gehört das nicht gehört: Aufgesetztes Wienerisch oder gar norddeutsche Eigenheiten passen nicht zu diesem Sender.

In Prag, erzählte mir meine Mutter oft, sei das schönste Deutsch gesprochen worden, ohne jeden Akzent, ohne mundartliche Färbung. Das war vor vielen Jahren; wie es noch immer klingt, beweist der in Böhmen geborene Kardinal Schönborn. Wie dumm tönt es andererseits aus dem „Gugelhupf“ (Ö1), wenn gelegentlich ein als Branko, demnach als Kroate oder Serbe oder sonstiger Neuösterreicher firmierender Mitwirkender „böhmakelt“. Tschusch ist Tschusch, meint offenbar die Regie. Aber in dieser allsonntäglichen Kabarettsendung wird ja auch der Großvater, der anscheinend nicht in Würde altern darf, als hustender angedepperlter Mummelkreis akustisch dargestellt.

Sprechen wir über die Sprache, jene in Ö1 zumal. Da ist einmal das aufgesetzte Wienerisch, teilweise zum Jargon verkommen, der besonders unnatürlich wirkt, wenn er ganz bewusst von Soziologen verwendet wird, die beweisen wollen, dass sie zwischen ihren Fachausdrücken auch noch Mundart praktizieren können. Wenn einer „de zwa Parameter“ von sich gibt, zeugt dies von einem Missverständnis, das der Soziolinguistik anzulasten ist. Andererseits hat sich Natascha Kampusch (deren Story ich in puncto Wahrheitsgehalt ansonsten teilweise anzweifle, obgleich sie als selbstdarstellende Talkshow-Masterin in einem Privatsender auftritt) ihre zweifellos vorzügliche Sprache angeblich durch permanentes Ö1-Hören angeeignet.

Sprachtraining für das Binnen-e

Sei's drum. Warum aber ist andererseits so oft Norddeutsch im Radio zu hören? Warum – immer leide ich darunter – wird da das Binnen-e verschluckt, wird „komm“ gesagt, wo es doch „kommen“ heißt (nasale Artikulationsart?), warum heißt es „nich“ statt „nicht“? Darum sollten sich die ORF-Sprachtrainer kümmern – und nicht fordern, dass man „Budapescht“ sagt.

Aber es gibt auch viel Positives zu vermelden. Da ist der Meistersprecher Peter Matic, da ist der „Patina“-Sprecher Roland Knie, da ist Christoph Wagner-Trenkwitz, da sind viele hervorragend sprechende Damen und Herren – Gott sei Dank. Ich höre weiter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2008)

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