Trotz vieler Einkaufszentren kaufen die Wiener am Bahnhof.
Wien. Wenn heute die Eröffnungsfeiern starten, dann wird es das letzte Mal für viele Jahre sein, dass in Wien ein nagelneues Einkaufszentrum eröffnet. Der Markt ist gesättigt, Großprojekte sind nicht mehr geplant, bloß Erweiterungen. Auch ein mögliches neues Center auf den Komet-Gründen ist nicht fix.
Mit der Bahnhof-City Hauptbahnhof eröffnet nun, nach jener am Westbahnhof und der Mall Wien Mitte, das dritte Bahnhofseinkaufszentrum. Die Einkaufszentrenfläche in Wien beträgt damit 700.000 Quadratmeter, jedem Wiener stehen so quasi 0,4 mEinkaufszentrenfläche persönlich zur Verfügung – rekordverdächtig viel. Und da sind die SCS und Gerasdorf noch nicht eingerechnet. Trotzdem, Bahnhofsshopping scheint zu funktionieren – jedenfalls ist es stets voll. Aber: „Diese Zentren leben von vielen Menschen, die eher wenig kaufen“, sagt Peter Schnedlitz, Handelsexperte der WU.
„Flop fast ausgeschlossen“
Der Erfolg der Bahnhofszentren ist, so hört man, gespalten: In Wien Mitte sollen die Geschäfte im vorderen Teil – Gastronomie und Nahversorger – bestens laufen, während die Shops mit Waren des langfristigen Bedarfs im hinteren Bereich Probleme haben. Ähnlich im Westbahnhof – schließlich frequentieren diese Zentren Anrainer und jene, die in der Nähe arbeiten, Reisende oder Menschen, die an diesen Knoten umsteigen, so Wolfgang Richter vom Consulting-Unternehmen Regioplan.
Einen Flop am Hauptbahnhof hält er aber für fast ausgeschlossen, entsteht rundum doch ein neuer Stadtteil mit Büros und Wohnungen. Eine Einschätzung, die Peter Schnedlitz teilt, der, ähnlich wie am Westbahnhof und um Wien Mitte, eine Entwicklung von der „Rattenburg“ zum attraktiven Stadtteil erwartet.
Wer aber wird durch das Einkaufszentrum verlieren? Am ehesten Geschäfte in der Nähe, die lange nicht investiert haben, schätzt Schnedlitz. Zweit- und drittklassige Einkaufsstraßen, so Richter. Wobei mittlerweile auch die Einkaufszentren untereinander in Konkurrenz stehen. Da die ÖBB den Fernverkehr vom Westbahnhof abzieht, könnten auch dort die Geschäfte verlieren, so Richter. Denn neues Potenzial liegt in Wien nicht mehr auf der Straße, die Umsätze verschieben sich bloß. (cim)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2014)