Vom Wald in die Röhre

Sturmschaden im Wald - Storm damage in a wood
Sturmschaden im Wald - Storm damage in a wood(c) www.BilderBox.com
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Faul? Hohl? Total dicht? Für die Diagnose nutzen Forscher auch bei Stämmen und Brettern mitunter den aus der Medizin bekannten Computertomografen.

Der Baum war alt, und wie: Auf 608 Jahre konnte eine Tiroler Lärche im vergangenen Monat dank Mikroskop und Scannern datiert werden, aus der der glückliche Finder mittlerweile einen Schrank gezimmert hat. Derart historisches Material findet sich in der üblichen Holzverarbeitung nicht, trotzdem wird es immer mehr vermessen, durchleuchtet, gescannt. „Holz ist wertvoll“, meint Manfred Brandstätter, Leiter der Holzforschung Austria (HFA). „Deshalb soll es bestmöglich genutzt werden können.“

Dazu muss man freilich wissen, wie so ein Stamm in Sachen Dichte und Festigkeit innen beschaffen ist – und das ist von außen nicht so einfach. In der Holzverarbeitung entscheiden bisher meist der Stammdurchmesser an einer bestimmten Stelle (Zopfdurchmesser) und die Erfahrung des Sägers über die Einteilung des Holzes in diverse Verwendungsklassen und die Schnittführung.

Astreine Bilder

Beim Projekt Log Qualitiy nahm die HFA gemeinsam mit einem Partner aus der Industrie nun eine Technologie der Medizin zu Hilfe – man legte das Rundholz in einen Computertomografen. „Der Sensor kann wie beim menschlichen Körper dichteres von weniger dichtem Gewebe unterscheiden“, so Brandstätter, „und mit entsprechend vielen Daten kann das Ganze im Idealfall in Bildern übertragen werden“. So kann an speziellen Punkten die Festigkeit gemessen werden, die über die bestmögliche Art der Verwendung entscheidet. Es werden Astholz, Faulstellen oder Harzgallen sichtbar, die ein Säger auch mit viel Erfahrung nicht erahnen kann. Je nach Holzart und Verwendungszweck ist besonders das Astholz wichtig: Meist ist es weniger gut zu gebrauchen, in anderen Fällen aber wegen der Optik wiederum sehr erwünscht.

Auf Holz klopfen

Zum Scanner wurden auch Oberflächenkameras und eine Längsschwingungsmessung kombiniert: Die Kameras liefern neben einer Vollkonturmessung auch Merkmale an der Stammoberfläche wie sichtbare Äste oder Verfärbungen. Die Schwingungsmessung bringt die Eigenfrequenz in Hertz jedes Stammes zutage. Brandstätter erklärt: „Mit einem Hammerschlag wird das Holz in Schwingung gebracht. Stellen mit höherer Dichte und Festigkeit schwingen anders und können vom ablesenden Laser daher als solche erkannt werden.“ Mit dieser Kombination konnten um bis zu zehn Prozent bessere Ergebnisse erreicht werden.

Eine besondere Herausforderung beim Scannen war die Geschwindigkeit, in der die industrielle Nutzung erfolgt, und in der die Bilder in gleich bleibender Qualität mithalten können müssen. „Mittlerweile sind schon fünf solcher Geräte im Einsatz“, so Brandstätter. „Und es werden in Zukunft sicher noch mehr genutzt werden.“

Da aber für jede Holzart ein eigenes Profil angelegt wird und jeder Stamm einzeln gescannt werden muss, lohnt sich die Anwendung nur bei besonders wertvollen Holzarten.

Schräge Fasern messen

Messgenaue Festigkeitsbestimmungen werden nicht nur an ganzen Stämmen vorgenommen, auch an Schnittholz wird an der HFA zusammen mit interessierten Unternehmen geforscht. Dabei kommen, etwa beim Projekt „Grain Deviation“, Mikrowellen zum Einsatz, um Schnittholz bis zu sieben Zentimetern Dicke besser klassifizieren zu können. Denn Faserabweichungen, die nicht in Verbindung mit Ästen auftreten, sind bisher nur an der Oberfläche feststellbar. „Diese sogenannte Schrägfaserigkeit konnte man bisher nicht messen. Nun wissen wir: Je verdrehter der Stamm ist, umso geringer die Festigkeit“, sagt Brandstätter.

Die Holzforschung Austria(HFA) ist

mit rund 90 Mitarbeitern das

größte Forschungs- und Prüfinstitut für Holz in Österreich. Es befasst sich von Holzlagerung im Wald über die Verarbeitung bis hin zu diversen Produkten sowie mit Oberflächenbeschichtungen, Holzschutzmitteln oder Klebstoffen. Die HFA ist Mitglied der Austrian Cooperative Research (ACR), dem Dachverband für wirtschaftsnahe Forschung in Österreich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2014)

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