Ungewollte Freifahrt für „frisierte“ Mopeds

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mopeds, die bis zu 115 Kilometer die Stunde schaffen: Um Berufungen zu vermeiden, stehen Moped-Prüfstände still. Laut Unfallstatistik gibt es aber mit diesem Lenker-Segment Probleme.

Klagenfurt/ Linz/ Wien. Die Beamten der Kärntner Verkehrspolizei staunten nicht schlecht: das „frisierte“ Moped eines Jugendlichen brachte es am Prüfstand auf beachtliche 115 km/h Höchstgeschwindigkeit. Erlaubt gewesen wären 45 km/h.

Überprüfungen wie diese werden in den meisten Bundesländern derzeit jedoch nicht mehr, oder nur noch sehr zurückhaltend durchgeführt. Grund dafür ist, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate (UVS) mehrerer Länder Strafbescheide wegen angeblich illegal manipulierter Höchstgeschwindigkeit aufgehoben haben.

Hintergrund für die aufgehobenen Strafbescheide ist das Prüfverfahren selbst, das bei einigen Typen von Mopeds für Probleme sorgt. Dabei wird auf einer Walze die Geschwindigkeit des Hinterrades gemessen. Völlig legale Mopeds der Marke „Rieju“ hatten dabei jedoch Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 80km/h erreicht. Erklärung: die Drossel des Motors wird über die Geschwindigkeit des Vorderrades gesteuert, das beim Test auf dem Prüfstand jedoch ruht. Während im echten Fahrbetrieb bei 45 km/h Schluss ist, entfaltet der Motor somit am Prüfstand sein ganzes Potenzial. Das bedeutet in der Praxis, dass ein Problem beim Messverfahren mit einem einzigen Modell gravierende Auswirkungen auf die Arbeit der Behörden hat.

Jedes fünfte Gefährt „frisiert“

„Wir halten uns derzeit zurück, um eine Flut von Berufungen gegen Verwaltungsstrafen vorzubeugen“, sagt Karl Haselböck aus der Abteilung Verkehr im Amt der oberösterreichischen Landesregierung. Er und seine Kollegen aus den Ländern hoffen nun auf das rasche Ergehen eines Erlasses des Verkehrsministers, der Mopeds der Marke Rieju dezidiert von diesem Prüfverfahren ausnimmt. Laut Verkehrsministerium soll es spätestens in zwei Wochen soweit sein.

Während Haselböck betont, dass man in Oberösterreich keine größeren Probleme mit Moped-Tunern hätte, zeichnet das Ergebnis einer Schwerpunktaktion in Tirol ein anderes Bild. 288 von 1500 überprüften Fahrzeugen, das sind fast 20 Prozent, erreichten deutlich höhere Höchstgeschwindigkeiten als erlaubt. Messwerte von 80 und 90 km/h waren keine Seltenheit. Der Strafrahmen dafür reicht bis zu 5000 Euro, bewegt sich in der Praxis aber im Bereich von einigen hundert Euro.

Die ruhenden Prüfstände verschärfen indes ein anderes Problem. So stieg zuletzt der Anteil der 15-jährigen Mopedlenker an der Gesamtzahl der Zweiradunfälle bedrohlich an, nämlich von 3(2000) auf 30 Prozent (2007).

Zumindest in Kärnten Grund dafür, dass die Behörden auch weiterhin die umstrittenen Prüfstände einsetzen. „Uns ist bewusst, dass wir dadurch die eine oder andere Berufung beim UVS riskieren. Im Sinne der Verkehrssicherheit nehmen wir das aber in Kauf“, so Gerald Höher vom Amt der Landesregierung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2008)

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