Kam Leben zwei Mal?

MINERALOGIE. Irdische Diamanten deuten auf frühes Entstehen (und Vergehen). Klären könnte der Mond.

Die frühesten Fossilien mit Spuren von Leben sind 3,5 bis 3,6 Milliarden Jahre alt, das Leben selbst ist wohl etwas älter, 3,8 Milliarden, vielleicht vier. Aber keine 4,25. Und doch hat Thorsten Geisler-Wierwille (Mineralogie, Münster) etwas gefunden, das dorthin deutet: Zirkonkristalle mit eingelagerten Diamanten, sie stammen aus Australien und wurden vor 4,25 Milliarden Jahren gebildet, tief in der Erde, es braucht Druck, wenn aus Kohlenstoff Diamanten werden sollen.

Aber der Kohlenstoff dieser Diamanten ist merkwürdig: „Die Isotopen-Analyse hat gezeigt, dass er extrem leicht ist, 12C überwiegt gegenüber 13C“, erklärt der Forscher der „Presse“: „Noch vor 20 Jahren hätte man das als eindeutigen Beweis für Leben genommen, weil der leichte Kohlenstoff als biogen galt.“ Inzwischen ist man vorsichtiger, solcher Kohlenstoff kann auch durch chemische Prozesse zustande kommen.

Und seit wann gibt es Plattentektonik?

Woher auch immer er kam, er musste dann tief hinab in die Erde. Später war das kein Problem, durch Plattentektonik wird dauernd umgeschichtet, Oberflächenmaterial geht in Subduktionszonen hinab (und Diamanten kommen in Vulkanschloten herauf). Aber zu Beginn – die Erde bildete sich, wie das ganze Sonnensystem, vor 4,6 Milliarden Jahren – gab es keine Platten, die Erde war ein Magma-Ozean. Der Streit darüber, wann es sie gab und die Tektonik begann, ist hart, Geisler-Wierwilles Befund deutet auf frühen Beginn (Nature, 454, S.92).

Und wie ist das nun mit dem Leben? Bei der Klärung könnte der Mond helfen. Er entstand, als vor 4,572 Milliarden Jahren ein marsgroßer Himmelskörper („Theia“) in die Erde raste. Seitdem ist er treuer Begleiter – und Chronist: Er ist mit Wunden übersät, wie sie auch der Erde geschlagen wurden, aber auf ihr wurden die meisten Einschlagskrater von Erosion und Witterung eingeebnet. Auf dem Mond blieben sie, er ist das Archiv auch für die ganz frühe Geschichte, in der viele Himmelskörper wie Theia herumrasten, erst allmählich wurde es ruhiger.

Aber wie? Nahm es graduell ab, oder kam vor 3,9 Milliarden Jahren ein Vielfachschlag („late heavy bombardement“), der auf der Erde alles Leben vernichtet hätte, wenn es schon eines gegeben hätte? Vor allem ein Krater auf dem Mond soll helfen, ein Riese am Südpol, Aitken. Die Nasa will Proben holen, aber er hat selbst auch welche geschickt: Ein Mond-Meteor stammt von ihm und wird derzeit analysiert (Nature 453, S.1160).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2008)

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