Al-Qaida ist zurück in Istanbul

Angreifer aufs US-Konsulat hatten Kontakte zu Madrid-Bombern.

ISTANBUL(keet.). Die türkische Polizei präsentierte schnelle erste Ermittlungsergebnisse nach dem Anschlag auf das US-Konsulat in Istanbul, bei dem am Mittwoch drei Polizisten und drei Attentäter starben. Die Spuren weisen in Richtung der islamistischen Terrorgruppe „Abu Najaf al-Afghani“, die mit dem Netzwerk al-Qaida in Verbindung stehen soll. Es soll auch Kontaktfäden zu den blutigen Anschlägen auf Vorortzüge in Madrid geben, bei denen vor vier Jahren 190 Menschen starben.

Verblüfft hat bei dem Attentat nicht zuletzt, dass es überhaupt jemand versucht hat, das US-Konsulat im Istanbuler Stadtteil Istinye anzugreifen. Wenn Türken das einsam auf einem kleinen Hügel thronende Konsulat beschreiben sollen, so fallen ihnen als erstes Assoziationen wie „Adlerhorst“ oder „Kreuzritterburg“ ein. Vor einigen Jahren wurde das Konsulat im Stil einer Festung erbaut. Selbst das Baumaterial kam per Schiff aus den USA, zwischen dem Eingang und dem eigentlichen Gebäude liegt ein langer Weg mit drei Sperren.

Trotzdem versuchten die vier Attentäter einen Sturmangriff auf das Konsulat. Während ein Angreifer im Wagen zurückblieb, feuerten zwei Männer auf das Wächterhäuschen mit Pistolen, während ein bärtiger Mann mit einem Gewehr das Hauptgebäude beschoss. Die drei türkischen Polizisten hätten in dem Wächterhäuschen einfach abwarten können, bis sich die Angreifer zurückziehen würden. Stattdessen stürmten sie aus ihrer Kabine heraus und wurden alle getötet. Bei dem Schusswechsel, an dem auch weitere Polizisten beteiligt waren, wurden zwei Angreifer getötet und einer verwundet, der sofort Selbstmord beging. Der Mann im Wagen entkam. Nach ihm wurde am Donnerstag fieberhaft gefahndet.

Bei den Attentätern handelte es sich um keine Unbekannten. Die Männer, zwischen 20, 23 und 26 Jahre alt, stammten aus dem Osten der Türkei. Zwei waren vorbestraft. Der 26-jährige Erkan Kargin und der 23-jährige Bülent Cinar sollen in einem Camp der Gruppe Abu Najaf al-Afghani in Afghanistan eine Ausbildung erhalten haben.

Botschaften in Alarmbereitschaft

Am Donnerstag wurde von mindestens zwei weiteren Festnahmen im Zusammenhang mit dem Überfall auf das Konsulat berichtet. Es soll sich dabei um Angehörige der Attentäter handeln.

Nach dem Anschlag herrschte Unruhe vor allem in den ausländischen Vertretungen in der Türkei. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden allgemein verstärkt. Nachdem es viereinhalb Jahre ruhig geblieben war, haben sich islamistische Terroristen offenbar in Istanbul wieder reorganisiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2008)

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