Neuwahlen: Grüne Doppelspitze vor Aus?

Thomas Blimlinger
Thomas Blimlinger(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Jetzt reifer? Der Bezirksvorsteher von Neubau sieht die kritische Landespartei verändert, bereit zum (Regierungs-)Gespräch.

Die Presse: Für diesen Sonntag wurden Überraschungen auf der Wiener Liste für die Nationalratswahl versprochen. Sie werden aber nicht kandidieren, oder?

Thomas Blimlinger: Nein, ich bleibe gern Bezirksvorsteher. Wenn, dann stehe ich nur für gestaltende Funktionen zur Verfügung, nicht für solche, die vielleicht ein Mandat in Opposition sind.

Das heißt wenn, dann wären Sie Staatssekretär oder Minister für . . .?

Blimlinger: Mein Großvater war Justizminister, aber das ist nicht mein Fach. Wirtschaft eventuell.

Sind die Überraschungskandidaten „Quereinsteiger“ oder Junge, wie sie ÖVP und SPÖ ins Rennen schicken?

Blimlinger: Wir brauchen keine Vorzeigejugendlichen. Wir sind auch so eine junge Partei, deren Personal jedoch schon länger dabei ist. Daher sind Neue aus dem Umfeld der Grünen, die nicht Junge sein müssen, gut.

Aber reicht das? Laut den aktuellen Umfragen könnten Sie und Herr Anschober noch länger die prominentesten „regierenden“ Grünen bleiben.

Blimlinger: Ich würde den Grünen sehr wünschen, dass sie regieren. Das schärft den Blick fürs Wesentliche und die Realitäten, etwas, das den Grünen gut täte.

In der Wiener Partei wünschen sich das aber nicht alle.

Blimlinger: Es gibt verschiedene Meinungen, so sind die Grünen. Aber die große Debatte – soll man überhaupt mit der ÖVP reden – ist vorbei. Da hat sich grundsätzlich etwas geändert.

War das eine Art Reifungsprozess?

Blimlinger: Sicher.

Überzeugt Sie eigentlich die viel kritisierte Doppelspitze Glawischnig/Van der Bellen?

Blimlinger: Dass Van der Bellen nach so langer Zeit noch immer das Vertrauen hat, spricht für ihn. Nach der Wahl wird sich zeigen, ob er und Glawischnig oder Glawischnig allein weiter machen im Sinne einer Regierungsbeteiligung. Mittelfristig jedoch wird sich etwas ändern.

Wie definieren Sie mittelfristig: Zwei Jahre?

Blimlinger: In den nächsten zwei, drei Jahren wird sich bei den Grünen eine Erneuerung durchsetzen.

Das klingt, als würden Sie die sogenannte Rute ins Fenster stellen.

Blimlinger: So ist das nicht gemeint. Es hängt von der Wahl ab. Van der Bellen will in die Regierung und es bleibt abzuwarten, ob das gelingt.

Mehr Realismus? Gut so!

Es geht aber nicht nur um das politische Alter einzelner Personen. Die Parteispitze muss statt allgemeiner Gefühlsvermittlung Antworten auf harte Fragen finden. Es geht um Teuerung, Inflation . . .

Blimlinger: . . . um Realismus. Und das ist gut so. Auch da hat sich etwas in der Partei geändert. Wir haben Antworten und sind nicht mehr die „One Asset“-Umweltpartei.

Brechen wir den Realismus auf Wien herunter, auf Ihren Bezirk: Ist es das Ergebnis eines Reifungsprozesses, dass ein grüner „Bürgermeister“ nach Parkplätzen sucht?

Blimlinger: Es geht nicht um Parkplätze im öffentlichen Raum, sondern in Garagen. Ich habe nie gesagt, dass alle Autos aus dem Bezirk raus müssen. Auch wenn das einige, die mich gewählt haben, wollen.

Teuerung gibt es im Siebenten bei den Mieten. Haben Sie Angst, dass die Kreativen deshalb abwandern und der Bezirk bald zur einer zweiten Josefstadt wird?

Blimlinger: Angst habe ich keine, aber es stimmt, eines Tages könnte der Bezirk so teuer werden, dass das kreative Publikum ausbleibt.

Was machen Sie dagegen?

Blimlinger: Wir reden mit Hauseigentümern. Oft stehen Geschäfte leer, weil die Mieten zu teuer sind. Wir entwickeln gerade mit der Stadt und den Eigentümern ein Projekt für die Lerchenfelder Straße.

Auf der Mariahilfer Straße gibt es andere Probleme. Tierschützer – derzeit auch sonst ein Thema – demonstrieren vor Kleidergeschäften.

Blimlinger: Die stehen inzwischen nur mehr im sechsten Bezirk.

Und die Punks? Sind die auch nur mehr im sechsten?

Blimlinger: Nein. Aber solange nichts Strafrechtliches vorliegt, muss eine Stadt das aushalten.

Der sechste Bezirk hat deutlich mehr soziale Einrichtungen – von Obdachlosen-Unterkunft bis Drogenberatung – als der siebente. Sollte man das nicht gerechter aufteilen?

Blimlinger: Wir haben zwar auch einige Einrichtungen, aber ich bin offen für Gespräche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2008)

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