Berufsbild: Mit Kuli allein nicht gerüstet

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Seh- und Lese-Gewohnheiten der Konsumenten haben sich geändert. Anforderungen an Journalisten sind härter geworden.

Alles, was ich brauche, habe ich im Kopf – ein Satz, der schon lange keine Gültigkeit mehr im Journalismus hat. Mit einem Kugelschreiber und einem Stück Papier ist man zwar nach wie vor besser ausgerüstet als ohne, aber ein Tonband oder ein Kamerateam dabei zu haben ist heute vielfach unerlässlich. Das Berufsbild des Journalisten muss wie jedes andere mit der Zeit gehen. Und in Zeiten von Multimedia und Online-Medien heißt das, auch mit technischen Herausforderungen vertraut zu sein.

Nicht nur die Breitenwirkung von Medien, auch die Seh- und Lesegewohnheiten der Konsumenten haben sich drastisch gewandelt. Die Aufmerksamkeitsspanne hat sich geändert – wie schon die rasanten Clips auf MTV zeigen, erklärt Meinrad Rahofer, Geschäftsführer des Kuratoriums für Journalistenausbildung. Aber auch die Erwartungen an den Journalismus haben sich gewandelt. Früher stand mehr der einordnende und Geschehnisse deutende Journalismus, also erklärende Kommentare, im Vordergrund. Heute werde das vielfach von Bürgerjournalismus abgelöst, von Interaktion mit dem Endverbraucher. Man schreibe schließlich eher ein Mail an eine Redaktion als früher einen Brief. „Das Umfeld hat sich gewandelt, aber das kann man alles mit Weiterbildung abfangen.“

Noch von der Vor-Internet-Zeit geprägt

Dass die Generation der Medienmacher noch von der Vor-Internet-Zeit geprägt sei, sei kein Beinbruch, Seminare seien wichtig. Aber nicht nur das sei ein neuer Aspekt des Journalismus, wie Andreas Koller, Chefredakteur der „SN“ und Lehrbeauftragter der Uni Wien weiter ausführt. Auch viele organisatorische Aspekte fließen in die Arbeit ein. Dass man Bilder selbst ins System einspiele und durch den Workflow schleuse, war früher nicht Tätigkeit des Journalisten. Auch die Verquickung von redaktioneller Arbeit mit Verwaltungs- und Repräsentationsaufgaben sei nicht mehr wegzudenken. Vor der Kamera keine Scheu zu haben, Diskussionen zu leiten, öffentlich Rede und Antwort stehen zu können, das gehöre dazu.

Die Anforderungen an Berufseinsteiger seien umfangreicher als früher. Allgemeinbildung und schreiberisches Handwerk werden einfach vorausgesetzt und immer weniger vermittelt. Allerdings klafften Theorie und Praxis auseinander. Die meisten jüngeren Mediengründungen hätten im boulevardesken Bereich stattgefunden. Ob dort die Anforderungen in der Praxis wirklich so hochgeschraubt seien, wie in der Theorie versichert werde, sei zumindest fraglich. hes

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2008)

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