Wiener Polizei: Oberst Roland Frühwirth suspendiert

Oberst Fruehwirth suspendiert
Oberst Fruehwirth suspendiertAPA (Helmut Fohringer)
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Frühwirth habe durch seinen Gastkommentar in der Fachzeitschrift "Kriminalpolizei" schwerwiegende Dienstpflicht-Verletzungen begangen, sagt die unabhängige Disziplinarkommission im Innenministerium.

Die Wiener Polizei kommt nicht zur Ruhe. Am Mittwoch wurde bekannt, dass der bereits versetzte Leiter der Kriminaldirektion 1 (KD 1), Oberst Roland Frühwirth, am Vortag von der Disziplinarkommission des Innenministeriums suspendiert worden ist. Als Begründung wurde der Gastkommentar Frühwirths in der August/September-Ausgabe des Fachmagazins "Kriminalpolizei" angeführt, in dem der Oberst nicht mit Kritik an der Wiener Polizeispitze gespart hatte. Diese hatte daraufhin Anfang September Disziplinaranzeige erstattet.

Es bestehe der Verdacht, er habe durch seinen Gastkommentar in der Fachzeitschrift "Kriminalpolizei" schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen begangen, "die das Ansehen des Amtes und wesentliche dienstliche Interessen gefährden", hieß es in der Aussendung der Bundespolizeidirektion (BPD) Wien. "Unqualifizierte Pauschalangriffe" nannte Walter Hladik, Sprecher der BPD, den Kommentar. Von Polizeipräsident Gerhard Pürstl gab es keine Stellungnahme. "Kein Kommentar" gab auch Frühwirth zu seiner Suspendierung. Polizei-Insidern zufolge ist davon auszugehen, dass er gegen die Suspendierung berufen wird.

In besagtem Gastkommentar bekrittelte Frühwirth unter dem Titel "Bilanz einer Zerstörung" vor allem die Vernichtung des sogenannten Zundwesens und und mangelndes Qualitätsmanagement. Die Wogen gingen hoch, nachdem der Kommentar Anfang September auch in der Printausgabe erschienen war. Zuvor war er rund zwei Wochen bereits online abrufbar gewesen und hatte für relativ wenig Aufsehen gesorgt, obwohl er in der "Presse" bereits zitiert worden war (Mehr ...).

Auszüge aus dem Artikel

"In den letzten drei Jahren hat die Wiener Polizeiführung leider verschuldet, das Informantenwesen in Wien de facto zum Erliegen zu bringen. Im Gegensatz zu früher können viele der nach der Zusammenlegung (der Wachkörper, Anm.) plötzlich Verantwortlichen dienstliche kriminalpolizeiliche Kontakte kaum mehr von Kontakten unterscheiden, die über das Ziel schießen. Versuche, die Problematik bestimmten hohen Führungskräften des zusammengelegten Wachkörpers zu erklären scheiterten kläglich. (...) Verständliches Fazit vieler Kollegen: 'Dann lassen wir es eben ...' Logische Folge: Informationsstillstand."

Die operative Umsetzung der "Kriminalstrategie" sei über Lippenbekenntnisse kaum hinweg gekommen. "Eher wurden wir Kriminalbeamte als Querulanten gesehen, die dem allgemeinen 'Fortschritt' (...) oder Karriereträumen Einzelner (...) im Wege stehen." Gemeint ist dabei die Führungsspitze der Wiener Polizei, der der KD 1-Chef auch vorwarf, zu enge Bindungen zu Personen aus der Medienszene, Politik und Wirtschaft eingegangen zu sein, um Karrierepläne zu verwirklichen."Aber wer Abhängigkeiten schafft oder braucht, ist nun mal selbst irgendwie abhängig und so wird leider vielfach agiert."

In einer Stellungnahme vom 1. September erklärte die Bundespolizeidirektion dazu: "Wahr ist, dass erfolgreiche polizeiliche Arbeit hohe Anforderungen an die Korrektheit und die Gesetzeskonformität des Handelns jeder einzelnen Polizeibeamtin und jedes einzelnen Polizeibeamten stellt. Bequeme Abkürzungen jenseits der Rechtsstaatlichkeit sind nur im Fernsehkrimi akzeptabel. Die Führung der Wiener Polizei hat gravierendes Interesse an erfolgreichem und(!) rechtskonformem polizeilichen Handeln und wird alles unternehmen, um dieses Leitbild durchzusetzen, auch wenn dies Grund zur Unzufriedenheit einzelner frustrierter Mitarbeiter sein sollte."

Polizeipräsident Gerhard Pürstl deutete bereits damals Konsequenzen an: "Kein Dienstgeber würde es sich gefallen lassen, wenn ein offensichtlich nicht renommierter, sondern versetzter Mitarbeiter ihn mit unqualifizierten Äußerungen in der Öffentlichkeit attackiert", so der Polizeipräsident. Man müsse sich schon anschauen, "ob es dem gesamten Kriminaldienst gut tut, wenn ein versetzter Mitarbeiter solche Anschuldigungen erhebt" (Mehr ...).

Ellinger: Kritik als "Majestätsbeleidigung"

Die Suspendierung löste heftige Kritik aus. Alfred Ellinger, Präsident der Vereinigung österreichischer Kriminalisten, schreibt in der nächsten Ausgabe der "Kriminalpolizei": "Aber offenbar ist Kritik an einer ohnehin umstrittenen Polizeireform so etwas wie eine Majestätsbeleidigung." Und weiter: "Eine Meinung, die der 'Polizeiobrigkeit' nicht passt, darf nicht veröffentlicht werden, aus, punktum!" Ellinger vermutet, dass ein solches Disziplinarverfahren "wohl beim Verwaltungsgerichtshof ein unrühmliches Ende nehmen" müsse.

Für die Redaktion der "Kriminalpolizei" übermittelte Chefredakteur Ferdinand Germadnik der APA eine Stellungnahme: "Die 'Kriminalpolizei' ist bekannt dafür, dass auch an heiklen Themen nicht diplomatisch vorbeigeredet wird. Wir sagen, was Sache ist. Bisher sind das Innenministerium und die Polizeidirektionen gut damit zurecht gekommen. Als Reaktion hat es mitunter Leserbriefe gegeben. Die Suspendierung des Roland Frühwirth hat eine andere Qualität der Reaktion. Wir glauben dennoch nicht, dass ein Disziplinierungsversuch in Richtung einer angepassteren Schreibweise der 'Kriminalpolizei'-Mitarbeiter hinter dieser Maßnahme steht. Es sollte die Meinungsfreiheit auch für Mitarbeiter der Polizei ein schützenswertes Gut bleiben."

(APA/Red.)

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