Viennale-Chef schilt Wiener Filmkritiker

(c) Clemens Fabry
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Kurz vor Eröffnung seines Festivals ließ Direktor Hurch seinem Ärger freien Lauf.

Heute, Donnerstag, wird die Viennale mit Jessica Hausners „Amour fou“ eröffnet, einer „romantischen Komödie“ über den Doppelselbstmord von Heinrich von Kleist und Henriette Vogel. Der Film hatte bei der Premiere in Cannes „milden Applaus“ erhalten, „der auch etwas länger anhielt, als es die reine Höflichkeit gebot“.

Das hat „Die Presse“ unter dem Titel „Kleists geschwätziger Freitod“ berichtet, und das fällt für Viennale-Direktor Hans Hurch gewiss unter Freiheit der Kritik. Im „Falter“ allerdings wirft er nun Wiener Filmjournalisten – genannt werden das „Profil“ und der „Falter“ – einiges vor: Sie hätten „reine Kameraderie“ gezeigt, sich „unglaublich opportunistisch verhalten“, sie seien „verantwortungslos“ und zu „Sklavenseelen“ geworden. Denn sie spielten, so Hurch, „die kleine Privatpolizei für den Alexander Horwath“.Womit endlich der Kontrahent genannt wäre, um den's eigentlich geht: Alexander Horwath, seit 2002 Direktor des Österreichischen Filmmuseums, Viennale-Direktor vor Hurch, wie dieser Ex-Filmkritiker und hoch angesehen unter Cinephilen.

Was hat Hurch gegen Horwath? Dahinter steckt ein historischer Streit. Das Filmmuseum, 1964 gegründet, war dem schon 1955 etablierten Filmarchiv von Beginn an suspekt. Die beiden Institutionen stritten beharrlich, keine Versöhnung hielt lange. Hurch unterstützt nun, wie er im „Falter“ klar sagt, das Filmarchiv, das seit Kurzem das Metro-Kino bespielt, derzeit mit der Retrospektive „Peter Handke geht ins Kino“. Das weckt die alten Ängste im Filmmuseum, das Filmarchiv wolle ihm den Rang als Aufführungsort streitig machen, womöglich auch finanziell unterstützt durch die Viennale. Die meisten Filmfreunde sehen's wohl gelassen: Glücklich die Stadt, die zwei resp. drei solche Institutionen hat. (tk)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2014)

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