Kabinett Juncker I ohne Vorschusslorbeeren.
Was im Mai mit dem Versprechen einer schrittweisen Demokratisierung der Union begonnen hat, endete gestern in einem durchsichtigen Deal von Sozialdemokraten und Europäischer Volkspartei. „Augen zu und durch“ dürfte so mancher Abgeordnete gedacht haben, als er dem Kabinett Juncker I zustimmte – ganz im Sinne der großkoalitionären Wetterlage, die in den EU-Institutionen Einzug hält. Dass die gemeinsame Macht bisweilen über ideologische Grundsätze gestellt wird, wurde schon während der gefürchteten Kommissar-Hearings augenscheinlich: Mit der Ablehnung der liberalen Slowenin Bratušek wollten die EU-Mandatare ein billiges Zeichen von Stärke setzen, ließen wirklich strittige Kandidaten wie jene aus Frankreich oder Ungarn aber gewähren.
Nun ist die Enttäuschung groß, noch bevor die Kommission ihr Amt angetreten hat. Juncker muss hoffen, dass sich dieses Urteil zum Positiven wendet – spätestens, wenn man sein Kabinett dereinst an Taten messen kann.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2014)