Staatliches Milliarden-Paket gilt auch für Versicherungen

Banken planen Beteiligung an der „Clearing-Stelle“.

Wien. (höll). Das von der Regierung geschnürte 100-Milliarden-Paket kann nicht nur von den Banken, sondern auch von den Versicherungen in Anspruch genommen werden. Das kündigte Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) am Dienstag nach dem Ministerrat an. Obwohl noch nicht alle Details feststehen, sollen die Staatshilfen für die Finanzbranche im Eiltempo durchgepeitscht werden. Dazu wird es kommenden Montag eine Sondersitzung des Nationalrats geben. Am Dienstag wird sich der Bundesrat damit beschäftigen. Gleich darauf kann das Gesetz in Kraft treten.

Laut „Presse“-Informationen werden fast alle österreichischen Großbanken bei der „Clearing“-Stelle, die dem Interbanken-Handel auf die Sprünge helfen soll, mitmachen. Laut dem Gesetzesentwurf müssen sich die Banken, die den Service in Anspruch nehmen, an der besagten Stelle beteiligen. Hinter den Kulissen wird bereits über die Aufteilung der Anteile gefeilt. Wahrscheinlich ist, dass man sich dabei an der Bilanzsumme orientieren wird.

Demnach wäre die Bank Austria der größte Eigentümer der Clearing-Stelle, die bei der Kontrollbank angesiedelt sein wird. „Da praktisch alle mitmachen, braucht sich kein Institut wegen der Staatshaftung zu schämen“, heißt es. Der Staat bürgt für alle Kredite, die über die Clearing-Stelle vergeben werden. Denn derzeit borgen die Banken untereinander kaum noch Geld, was teilweise zu einem Liquiditätsengpass führt. Für den Interbanken-Handel sind Haftungen von 85 Mrd. Euro vorgesehen.

Staatseinstieg als Schuldeingeständnis

Viel schwieriger wird es mit den 15 Mrd. Euro, die dafür vorgesehen sind, dass sich der Staat direkt bei angeschlagenen Instituten beteiligt. Derzeit versichern alle Banken, dass sie davon niemals Gebrauch machen werden. Denn ein Staatseinstieg bei einer Großbank wird in der Finanzbranche als Schuldeingeständnis gewertet, sich besonders stark verzockt zu haben. Um dennoch für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, soll dafür bei der staatlichen Industrieholding ÖIAG eine eigene Tochter gegründet werden. Braucht eine Bank Geld, kauft die ÖIAG über eine Kapitalerhöhung deren Aktien. Damit sind auch wesentliche Mitwirkungsrechte bei den betroffenen Instituten verbunden. So kann die Höhe der Vorstandsgehälter limitiert werden.

Bundeskanzler Alfred Gusenbauer hat die Größe des Bankenpakets mit dem höheren Bankenanteil in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern begründet. Man habe bewusst einen robusten Schirm über die Branche gespannt, um nicht später nachbessern zu müssen. Die von den EU-Regierungen geschnürten Rettungspakete belaufen sich auf insgesamt zwei Billionen Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2008)

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