Abdullah-Zentrum: Regierung will Verträge prüfen

Mitterlehner und Faymann
Mitterlehner und FaymannAPA/BKA/REGINA AIGNER
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Für Kanzler Faymann ist unklar, ob das Zentrum die vereinbarten Ziele verfolgt. In puncto Verantwortung sind sich SPÖ und ÖVP uneinig.

Die Bundesregierung hält das König-Abdullah-Dialogzentrum unter Beobachtung. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) erklärten am Dienstag, dass man vor einer Verlängerung des Vertrages im nächsten Jahr die Tätigkeit des von Saudi-Arabien finanzierten Zentrums in Wien genau prüfen wolle. So stellt sich für Faymann etwa die Frage, ob die ursprünglichen Ziele wie der interreligiöse Dialog überhaupt eingehalten wurden.

Mitterlehner sprach sich gegen eine Anlassdiskussion aus, eine entsprechende Bewertung sei 2015 vorzunehmen. Er positionierte sich aber deutlich gegen die Aussagen von Claudia Bandion-Ortner, Ex-ÖVP-Justizministerin und Vizegeneralsekretärin des Abdullah-Zentrums. Sie hatte in einem Interview gemeint, dass in Saudi-Arabien "nicht jeden Freitag" Personen geköpft würden. Mitterlehner dazu: "Auch ich finde das negativ, was hier von ihr gesagt worden ist."

Nicht äußern wollten sich beide in der Frage, ob Bandion-Ortner nach ihren Äußerungen im Amt verbleiben soll. Er habe die entsprechenden Verträge nicht geschlossen und daher kein Recht, hier Personalentscheidungen zu treffen, so der Bundeskanzler.

Kurz sieht Verantwortung bei Faymann, Cap nicht

Zuvor hatte sich Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) in der Causa zu Wort gemeldet und die Verantwortung an Faymann weiter geschoben. Immerhin hätte "der Herr Bundeskanzler mit seinem Regierungsteam vor zwei Jahren das Zentrum gegründet", betonte Kurz. "Wenn er hier eine Neubewertung vornehmen will, wird er das tun."

Der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Josef Cap wies wenig später darauf hin, dass die Initiative für die Errichtung des Abdullah-Zentrums vom damaligen ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger ausgegangen sei. "Vielleicht sollte sich Außenminister Kurz kurz mit diesen Fakten befassen, bevor er hier Kindesweglegung betreibt", meinte er in einer Aussendung.

König-Abdullah-Zentrum

Das "König Abdullah Bin Abdulaziz Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog" (KAICIID) wurde im Herbst 2012 eröffnet und wird größtenteils von Saudi-Arabien finanziert. Kritiker sehen in der Institution einen Versuch Riads, sein international wegen Menschenrechtsverletzungen ramponiertes Image aufzupolieren. Im Nationalrat wurde das Projekt gegen die Stimmen von FPÖ und Grünen genehmigt.

KAICIID wird von einem Board of Directors geleitet, das aus Vertretern der großen Weltreligionen (Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus) und Kulturen besteht. Das Dialogzentrum erhält Unterstützung von den Regierungen von Saudi-Arabien, Spanien und Österreich, von denen jede im Council of Parties des Zentrums vertreten ist. Der Vatikan hat einen Beobachterstatus. Mehr als 35 fest angestellte Mitarbeiter aus 23 Ländern arbeiten im KAICIID. Sitz des KAICIID ist das Wiener Palais Sturany am Schottenring.

(APA/Red.)

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