Laura Gut: Auch Jugend schützt vor Klasse nicht

(c) EPA (Hans Klaus Techt)
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Mit der 17-jährigen Schweizerin Lara Gut ging in Sölden ein neuer Stern am Ski-Himmel auf.

SÖLDEN. Der Großteil der knapp 10.000 Skifans bejubelte Samstag bei Bilderbuchwetter am Rettenbachferner den Sieg von Kathrin Zettel. Im Überschwang ging dabei unter, dass ein neuer Stern am Himmel aufgegangen war. Keiner aus Österreich, sondern aus dem Tessin. Aus Ticino, dem Ort, der den Namen des Kantons trägt, Heimat der Olympiasiegerin Michaela Figini ist. Und das 17-jährige Sternchen, dem man Superstar-Potenzial nachsagt, heißt Lara Gut. Die Jüngste im Feld war mit Nummer 37 auf Platz fünf gekurvt.

Da wurden Erinnerungen wach an Janica Kostelic, die vor elf Jahren als erste Kroatin aus dem Nichts gekommen und mit Nr. 62 noch Zwölfte geworden war. Damals von allen unbeachtet außer der „Presse“, drei Wochen später im Mittelpunkt aller, als sie Slalomdritte in Park City wurde. Der Rest ist längst Geschichte wie Janica und ihr Familienunternehmen.

Nicht anders ist es bei Lara Gut, die nur nur teilweise einen Winter lang mit dem Schweizer Team unterwegs war, ehe sich die Familie auf eigene Füße stellte. „Weil ich das so gewohnt war von Kindheit an und es besser ist für mich und meine Entwicklung“, sagt Lara, die Italienisch, Französisch, Deutsch, Englisch und Spanisch spricht.

Sie steht mit beiden Beinen im Leben und auf eigenen Beinen mit ihrem Gut-Team. Vater Paul, einst Lehrer in Luzern, ist Teammanager. Mauro Pini, Ex-Spanien-Coach (von Rienda-Contreras), arbeitet als Trainer, Barnaba Creppi ist der Atomic-Servicemann. Dazu gibt es noch eine Physiotherapeutin und sommers über einen Konditions-Trainer. „Wie viel es kostet“, gibt sich Paul Gut kryptisch, „kann ich nicht sagen. Aber es ist mit Sponsoren gedeckt.“

Schnorcheln statt Training

Kaum war der Jungstern vom Himmel gefallen, von Insidern wie Atomic-Produktionschef Rupert Huber vorausgesagt, kaum war sie von Schweizer Medien ausgequetscht worden, zog ihr Vater schon wieder einen Schlussstrich unter den Frühwinter. „Das Training im Hochgebirge hat sie geschlaucht, vor dem Rennen war sogar der Rücken blockiert. Lara fliegt mit der Familie nach Ägypten!“ Während andere zum Training hetzen und zum Slalom nach Levi jetten, geht Lara Gut lieber schnorcheln.

Die Renn-Dosierung habe auch nichts mit der Schule zu tun, verrät der Vater, sie absolviert das Gymnasium per Fernunterricht. Auch in der Vorbereitung geht das Gut-Unternehmen andere Wege als die meisten Damenteams. Vorbilder hat sie nie gehabt („Figini habe ich nie gesehen, da war ich noch nicht geboren“), dafür folgt der Teenager den Spuren der Schweizer Herren in Saas Fee. Zuschauen, abschauen und umsetzen als Leitprinzipien des Starlets, zu Eigenverantwortung erzogen.

Wenn Lara Gut hält, was Auguren versprechen, steht der Fortsetzung der Solisten-Tradition im Skirennsport von Tomba bis Compagnoni, von Stenmark bis Wiberg, von Girardelli bis Kostelic, Maier bis Miller nichts im Wege. Wer weiß, vielleicht schlägt ihr in Val d'Isere die WM-Stunde. Auch Jugend schützt vor Klasse nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2008)

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