Salzburger Festspiele: Flimm geht 2011, Oberender schon 2009

Schauspielchef bei den Salzburger Festspielen, Thomas Oberender, tritt zurueck
Schauspielchef bei den Salzburger Festspielen, Thomas Oberender, tritt zurueck(c) AP (KERSTIN JOENSSON)
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Knalleffekt. Thomas Oberender leitet das Schauspiel-Programm noch bis kommenden September. Für die Jahre 2010 und 2011 wird Intendant Jürgen Flimm das Schauspiel dann selbst betreuen.

"Die Jahre in Salzburg waren die schönste, aber auch die schrecklichste Zeit meines Lebens“, sagte Thomas Oberender, Schauspieldirektor der Salzburger Festspiele, nach der Sitzung des Festspielkuratoriums am späten Dienstagnachmittag: Die Trennung sei „unvermeidlich“, es habe „schmerzliche Auseinandersetzungen“, ja: „Turbulenzen und Stürme mit Tsunami-Charakter“ gegeben.

Oberender meint damit die Auseinandersetzungen mit Festspielintendant Jürgen Flimm, mit dem er gemeinsam im Oktober 2006 die Arbeit bei den Festspielen begonnen hatte. Nun verlässt Oberender die Stadt im September 2009, für die Jahre 2010 und 2011 wird Intendant Flimm das Schauspiel selbst betreuen. Das hat das Kuratorium beschlossen: Sein Vorsitzender, Wilfried Haslauer (VP), sagte, es bestehe kein Zweifel daran, dass Flimm das könne. „Das Opernprogramm 2011 steht bis auf eine Produktion fest“, bestätigte Flimm: „Daher sehe ich kein Problem, mich in den kommenden zwei, drei Jahren verstärkt um das Theater zu kümmern.“

Flimm: „Es gibt ein Leben nach Salzburg“


Die größte Überraschung des Abends aber war: Nach 2011 will Flimm selbst den Festspielen nicht mehr zur Verfügung stehen. „Es gibt ein Leben nach Salzburg“, sagte er: „Ich werde in eine andere Stadt gehen, aber es fehlt noch ein Gespräch, die Sache entscheidet sich in zehn Tagen.“ Er hatte, heißt es, ein Angebot von der New York City Opera, hat es aber abgesagt. In Salzburg will er auch nach 2011 als Regisseur arbeiten, etwa Alban Bergs „Lulu“ inszenieren.

Im August 2008 hatte Flimm noch im „Presse“-Interview angedeutet, dass man ihn zu einer Vertragsverlängerung nach 2011 „überreden“ könne. Die Überredungsversuche seien ausgeblieben, munkelt man nun in Salzburg, die Politik sei nicht auf ihn zugegangen, das habe Flimm gekränkt. „Ich bin kein Mann fürs Depot“, sagte er offiziell: „Nun gibt es eine neue Stadt.“

Seinem scheidenden Schauspieldirektor wünscht Flimm indessen „ernsthaft alles Gute“: Oberender sei „in Salzburg ein sehr guter Theaterdirektor geworden“. Dieser begann dagegen gleich nach Bekanntgabe seines Abschieds damit, die Vergangenheit mit Bitterkeit aufzuarbeiten. Er klagte: „Ich glaube, Flimm, der ja selbst vor mir Schauspielchef war, wollte bloß einen Dramaturgen und keinen Regisseur mit eigenen Ideen. Er hat in mir nur einen Mann in der zweiten Reihe gesehen.“ – Tatsächlich hat es zwischen ihm und Flimm schon seit 2007 gekriselt – zuletzt, als Oberender mit einem Wechsel ans Schauspielhaus Bochum liebäugelte. Daraus wurde nichts. Flimm soll Oberender, der sich nun von ihm „gemobbt“ fühlt, aber schon vor diesem Manöver nahe gelegt haben, in Salzburg zu kündigen. Nun könnte Oberender, der beste Kontakte zum nächsten Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann (ab 2009) hat, etwa nach Wien gehen – wo er freilich auch nicht der „Erste“ wäre.

Dreiervorschlag im Jänner 2009


Wie geht es weiter in Salzburg? Kuratoriumsvorsitzender Haslauer kündigte an, dass bis 15. Jänner 2009 eine Findungskommission zusammengestellt wird: Sie soll noch vor dem Festspielsommer 2009 den nächsten Intendanten bestimmen. Zunächst soll sie dem Kuratorium einen Dreiervorschlag präsentieren, auf dem ziemlich sicher der allseits anerkannte Salzburg-Musikdirektor Markus Hinterhäuser stehen wird. Auch der scheidende Burgtheater-Direktor Klaus Bachler, der soeben die Bayerische Staatsoper übernommen hat, gilt manchen in Salzburg als Wunschkandidat.
„Die Zeit drängt“, sagte Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler nach der Sitzung: „Die nächsten drei Jahre haben wir noch viel zu tun, und das in schwierigen Zeiten.“ Auch ihr Vertrag läuft 2011 aus, aber über eine Neubestellung oder Verlängerung des Präsidenten muss – anders als beim Intendanten – erst ein Jahr vor Vertragsende entschieden werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2008)

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