Slowakei: Schlechtes Los für staatliche Glücksspieler

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Milliarden an Steuergeldern hat die Slowakei im wahrsten Sinn des Wortes im Glücksspiel eingesetzt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird sie viel verlieren. Es drohen hohe Strafzahlung.

Pressburg.Milliarden an Steuergeldern hat die Slowakei im wahrsten Sinn des Wortes im Glücksspiel eingesetzt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird sie viel verlieren. Wie viel, müssen Gerichte entscheiden: Derzeit liegen knapp zwei Mrd. Kronen (66 Mio. Euro) auf der Kante. Mit allerhand Pönalen können es aber auch wesentlich mehr werden.

Im Sommer hatte das Oberste Gericht die unter Aufsicht des Finanzministeriums stehende nationale Lotteriegesellschaft Tipos zur Zahlung von 1,9 Mrd. Kronen für unerlaubt verwendetes Know-how verurteilt. Vereinfacht gesagt war es darum gegangen, ob die slowakischen Lizenzrechte aus der Zeit der ehemaligen Tschechoslowakei an verschiedenen Lotto- und Totovarianten Tipos gehörten oder einer anderen Nachfolgefirma der tschechoslowakischen Lotteriegesellschaft.

Politik sucht nach Schuldigen

Für Tipos würde das Gerichtsurteil die Pleite bedeuten, wenn der Staat nicht als Retter einspringt. Noch vor dem Gerichtsentscheid hatte eine in Zypern registrierte Firma, Lemikon Limited des tschechischen Unternehmers Radovan Vítek, die strittige Forderung aufgekauft. Kaum begann das Finanzministerium mit dem Gläubiger über die Zahlung zu verhandeln, protestierte die Opposition: Staatliches Geld werde einem Privatunternehmer zugeschanzt. Zudem wäre es ökonomisch günstiger, Tipos einfach in Konkurs gehen zu lassen, regte der christlich-liberale Exfinanzminister Ivan Miklo? an.

Sein sozialdemokratischer Finanzminister Ján Po?iatek klagte ihn daraufhin wegen Ermunterung zum Betrug. Laut der neuen Regierung wäre es gar nicht zu der hohen Forderung gekommen, hätte Miklo? in seiner Zeit als Finanzminister (bis 2006) eine außergerichtliche Einigung gesucht. Das angebliche Know-how, für das Tipos zahlen sollte, habe es nie gegeben, das Ganze sei nichts anderes als ein großer Betrug, konterte Miklo?. Die Opposition brachte einen Misstrauensantrag gegen den nunmehrigen Finanzminister Po?iatek ein. Der scheiterte aber an der Stimmenmehrheit der Koalition.

Gesetz schiebt Strafe auf

Nun hat sich die neue Regierung eine besondere Finte überlegt: In einem atemberaubenden Beispiel von Anlassgesetzgebung wurden die Befugnisse des Staatsanwaltes ausgeweitet: Eine von diesem eingebrachte Beschwerde gegen das Urteil des Obersten Gerichts hat ab sofort aufschiebende Wirkung. Damit ist die vom Gericht verfügte Milliardensumme vorerst (noch) nicht zu bezahlen, kann sich aber durch zusätzliche Pönalen später noch weiter erhöhen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2008)

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