Es gibt viel zu tun: Baut Urlaub ab

(c) Www.BilderBox.com
  • Drucken

Mit einer Körpergröße von 1,70 Meter weiß ich seit Teenagerzeiten, wie sich stagnierendes Wachstum anfühlt.

Insofern bin ich so weit abgehärtet, dass ich bei Schlagworten wie „Krise“ und „Rezession“ nicht reflexartig in Duldungsstarre verfalle. Denn so wie bei der Körpergröße – klein, aber oho – gibt es auch im Arbeits- und Wirtschaftsleben geeignete sprachliche Mechanismen, um einer negativen Entwicklung etwas Positives abzugewinnen. Das beginnt schon damit, sich niemals in eine passive Rolle drängen zu lassen, sondern immer das Ruder in der Hand zu behalten.

Statt 2009 also „Ferien zu machen“ oder „abzuschalten“, sollten Sie aktiv „Urlaub abbauen“. Damit entsteht im Kopf des Zuhörers das Bild eines Bergarbeiters mit Helm, der mühevoll Urlaubstage aus dem Gestein hämmert – und nicht das eines in Sonnenöl marinierten Stücks Fleisch auf dem Liegestuhl. Das Abbauen von Urlaub ist gerade jetzt eine Tugend wie sonst kaum. Schließlich winken keine Zinsen, wenn Urlaub länger aufgespart wird. Und auch mit Termingeschäften lassen sich angesparte freie Tage nicht als Gewinn im Urlaubsportefeuille verbuchen.

Andererseits muss uns aber auch klar sein, dass der Urlaub, analog zu den natürlichen Rohstoffen, die im Bergbau gewonnen werden, endlich ist. Und dass unkontrollierter Raubbau letztlich nur dazu führt, dass die Ressourcen irgendwann erschöpft sein werden. Womit wir im Rahmen der aktiven Sprache gleich noch eine Ebene weiter gehen und den uns zur Verfügung stehenden Urlaub „maßvoll“ und „nachhaltig“ verbrauchen. Aber tappen Sie nicht in die Falle: Weisheiten à la „Wir haben den Urlaub nicht von unseren Vorfahren geerbt, sondern nur von unseren Kindern geliehen“ sind dann doch ein wenig dick aufgetragen.


erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.