Der Schwindel mit dem Schwindel

Die ganze Konzeptkunst begann mit einem Schwindel: 1917 reichte Marcel Duchamp unter dem Pseudonym „Richard Mutt“ sein Urinal ein, zu einer Ausstellung, in deren Jury er selber saß.

Er verteidigte das Stück der Empörung natürlich bis zum Letzten, schrieb sogar einen glühenden Artikel für „Mr. Mutt“ und veränderte die Kunstgeschichte.

Das hatte David ?erný (diesmal) jedenfalls nicht vor, er würde sogar Teile seiner Installation entfernen, auf die Bezahlung verzichten. Sein Ziel ist schließlich bereits erreicht: Das Genre EU-Kunst als das zahnlos dekorative Beiwerk zu enttarnen, das es in der Regel auch ist. Hätte auch nur einer der verantwortlichen Politiker im Vorfeld zumindest Interesse geheuchelt und die Installation von angeblich 26 Künstlern angesehen – selbst der bornierteste Bürohengst hätte sie als Werk eines Einzelnen erkannt.

Mehr Mühe hat sich 1988 Peter Weibel gemacht, der für eine MAK-Ausstellung gleich die Kunstgeschichte neu „inszenierte“, mit falschen Werken, falschen Bios, falschen Kritiken. Verwandt ist auch die Taktik, die 2002 die Gruppe Monochrom anwandte: Sie schickte den fiktiven Georg Paul Thomann auf die Biennale von São Paulo.

Die besten gefälschten Ausstellungen sind aber die, auf die keiner kommt. Denkt man da gerade an vergangene EU-Ausstellungen, eröffnen sich einem ungeahnte Reize: die skandalisierte EU-Plakatserie zu Österreichs Präsidentschaft etwa. Haben Sie je wieder etwas von den Künstlern Ostojic und Aire gehört? Nein. Aber von Wolfgang Lorenz, Initiator der Aktion, schon; er ist übrigens auch Maler. Oder Peter Weibel, der 2004 die elende „EU & You“-Bahnhofsausstellung kuratiert hat. Und wir haben ihm den „Ivan Kafka“ wirklich abgekauft. Blamabel.


almuth.spiegler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.