Regierung für Osteuropahilfe

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Faymann und Pröll lobbyieren für Banken-Hilfspakete in Osteuropa. Pröll wird in die Ukraine, nach Rumänien und Bulgarien reisen, um über die Umsetzung von nationalen Banken-Schutzschirmen zu diskutieren.

Wien. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) starten in der EU eine Werbetour, um ihre Kollegen von einem Hilfsplan für Osteuropa zu überzeugen. Heute fliegt Faymann nach Berlin, um darüber mit Deutschlands Regierungschefin Angela Merkel zu sprechen. Von dort geht es nach Prag, wo am Donnerstag ein Gipfeltreffen mit Tschechiens Ministerpräsident und EU-Ratspräsident Mirek Topolanek auf dem Programm steht.

Finanzminister Pröll wiederum wird in den nächsten Wochen in die Ukraine, nach Rumänien und Bulgarien reisen, um dort über die Umsetzung von nationalen Bankenschutzschirmen zu diskutieren. Faymann und Pröll reagieren damit auf einen Hilferuf von neun internationalen Großbanken – darunter Raiffeisen International, Bank Austria und Erste Bank. Diese verlangten vergangenen Donnerstag einen Aktionsplan für die angeschlagenen Volkswirtschaften in Mittel- und Osteuropa.

Die eilig vorbereitete Werbetour lässt erkennen, dass die Wiener Regierung das Thema nicht auf die leichte Schulter nimmt. Pröll sagte am Dienstag nach dem Ministerrat, es gehe nicht nur um einen Schutzschirm für die Osteuropa-Töchter der heimischen Großbanken, sondern darum, das ganze System nicht „zusammenklappen“ zu lassen.

Druck auf EU-Kommission

Österreichs Banken sind in Osteuropa eine Großmacht. Das Kreditvolumen, das die heimischen Institute in der Region ausständig haben, erreicht mit 230 Mrd. Euro 68 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts. Im Gegensatz zu Westeuropa haben viele Länder in Mittel- und Osteuropa bislang auf staatliche Maßnahmenpakete zur Belebung der abstürzenden Konjunktur verzichtet, weil ihnen das Geld fehlt. Auf Wunsch der Banken und der österreichischen Regierung sollen daher die EU-Kommission, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Osteuropabank EBRD helfend einspringen.

„100 Mrd. Euro reichen aus“

Faymann und Pröll kündigten an, sich mit den Regierungen in Deutschland, Belgien, Frankreich und Italien, deren Banken ebenfalls stark in Osteuropa engagiert sind, zusammentun zu wollen. Gemeinsam soll dann Druck auf die EU ausgeübt werden, damit es tatsächlich zu einem Masterplan kommt.

Das Geld für die Hilfspakete soll vor allem von der EBRD und vom IWF kommen. Vergangenen Freitag haben sich dazu Experten beider Institutionen mit Vertretern des Wiener Finanzministeriums getroffen. „Gerade die EBRD ist als Osteuropabank für diese Aufgabe bestens geeignet“, meint Michael Ikrath, ÖVP-Abgeordneter und Generalsekretär des Sparkassenverbands. Laut Ikrath würden 100 Mrd. Euro als Schutzschirm für Osteuropa ausreichen.

Hilfe auch für Serbien, Ukraine

Ähnlich äußert sich Finanzexperte Hannes Androsch: „Österreich kann diese Situation alleine nicht bewältigen, hier bedarf es eines gemeinsamen Kraftakts mit anderen EU-Ländern.“ Laut Ikrath ist es wichtig, dass nicht nur den osteuropäischen Mitgliedsländern geholfen wird, sondern auch Staaten wie Serbien und der Ukraine.

Kritik, dass Österreichs Institute in der Region zu hohe Risken eingegangen sind, lässt Faymann allerdings nicht gelten: „In guten Zeiten sind wir auf diese Wirtschaftsbeziehungen stolz gewesen.“ Mit der Stabilisierung der Volkswirtschaften in Mittel- und Osteuropa werden laut Faymann auch Arbeitsplätze in Österreich gesichert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2009)

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