Fernsehen und die Schwester schlagen

Nein, wir Eltern haben es nicht leicht.

Kaum hat Tom wieder versucht, den kleinen Jerry zu vermöbeln – mit dem Ergebnis, dass sein (nämlich Toms) Hinterteil brennt und sein Kopf im Toaster steckt –, schon versucht Junior das Schwesterchen in der Badewanne einzutunken und ihre Haare einzeln durch Ausreißen zu zählen. Soll man also den Kleinen schon das Betreten von Toonland am Nachmittag verbieten?

Und was ist mit anderen Formaten? Barbara Karlich hat Lehrreiches zum Thema Seitensprung erfahren, die „Baywatch“-Biene Neely stellt sich als tablettensüchtig heraus und in Kitzbühel wird schon wieder wer erschossen. So weit eine klitzekleine Auswahl aller Fernseh-Grauslichkeiten von heute. Auch die Zeitungen verstehen sich eher auf „Bad News“. Und Computer- oder Konsolen-Spiele, bei denen man den Gegner mit einem Knopfdruck platzen lässt wie das Dumdumgeschoss eine reife Melone, kann heute jeder Volksschüler kaufen. Es gibt zwar Alterslimits – aber keine Verkäufer, die sie kontrollieren.

Muss man sich also Sorgen machen um den Nachwuchs, der mit medialen Gewaltbildern aufwächst wie wir einst mit Nutella? Veronika Gmeiner, Leiterin des Psychosozialen Akut-Teams Niederösterreich, meinte bei einer Tagung zu dem Thema am Montag, der Einfluss von Gewaltdarstellung auf Kinder hänge vom Milieu ab, in dem sie aufwachsen – wer sich sicher fühlt und lernt, selbstbewusst Konflikte zu lösen, betrachte Gewaltbilder als etwas Fremdes und Abzulehnendes.

Also alles paletti? Gar nicht! Viele Kinder haben das oder Ähnliches, was sie da sehen, selbst erlebt. Nicht selten in der Familie. Bei der Tagung, die der Kinderschutzverein „Möwe“ organisiert hat, wurde daher für „eine friedliche Sprache und heilende Bilder“ appelliert. Ein frommer Wunsch in Zeiten der Sensationslust. Letztlich bleibt es dann doch wieder den Eltern überlassen, ihren Kindern nicht alles vorzusetzen bzw. sie nicht vor allem sitzen zu lassen, was ihnen nicht guttut. Ein bisschen Jerry vermöbeln und die Schwester eintunken sollten allerdings gerade noch als Kavaliersdelikt durchgehen ...


isabella.wallnoefer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2009)

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