Ramesch Dahas neverending story

(c) Galerie Bleich-Rossi
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Die Künstlerin zeigt "Victims 9/11 - Work in progress" in der Galerie Bleich-Rossi. Hinter dem sehr sachlichen Projektnamen verbirgt sich mehr als halbherzige "Gedächtnisarbeit".

9/11 - ist dazu nicht alles schon gesagt, geschrieben, verfilmt worden? Selbst Künstlerin Ramesh Daha ist sich des Überdrusses bewusst, den der Titel ihrer Ausstellung in der Galerie Bleich-Rossi bei vielen auslösen kann: „Victims 9/11 - Work in progress". Näheres Hinsehen lohnt sich in diesem Fall aber: Hinter dem sehr sachlichen Projektnamen verbirgt sich nämlich mehr als halbherzige „Gedächtnisarbeit" zu Ehren der Terroropfer. Dass es sich dabei um ein „work in progress" handelt, hätte man gar nicht erst extra betonen müssen: Die Wände der Galerie sind leer, ein mit Aktenordnern übersäter Schreibtisch steht in der Mitte des Raums. Ein Blick ins Nebenzimmer zeigt Kartons voller noch unbemalter Leinwände, an der Wand gegenüber lehnen in drei Reihen hintereinander kleinformatige, schon fertige Bilder. Sind die Aufbauarbeiten etwa noch nicht abgeschlossen? Nein. Die installative Präsentation ihrer seit acht Jahren entstehenden, mittlerweile 732 Porträts umfassenden Serie soll einladen zu stöbern, sich einen Einblick in die Arbeitsweise, das Konzept der Künstlerin zu verschaffen.

Dieses soll nämlich trotz des Titels nur ja nicht als Denkmal verstanden werden, als pathetischer Akt der Verarbeitung, vielleicht auch noch aus persönlicher Betroffenheit heraus. Obwohl das alles leicht ableitbar wäre aus der Biografie der 1971 in Teheran geborenen, seit 1978 in Wien wohnenden Künstlerin. Schon kurze Zeit nach den Anschlägen 2001 veröffentlichte der amerikanische Nachrichtensender CNN Bilder und persönliche Daten der 9/11-Opfer auf seiner Homepage. Darunter befand sich auch die Cousine des Mannes von Ramesch Daha, Darya Lin. Sie ist es, die auf dem ersten Porträt der Serie zu sehen ist. Persönlicher kann der Bezug zum Werk fast nicht sein. Und dennoch sollen die Emotionen der Künstlerin nicht als Gegenstand der Porträts identifiziert werden. Es geht ihr um das Ritual der täglichen Arbeit daran und darum, wie sehr politische und persönliche Erfahrungen diese serielle Tätigkeit beeinflussen.

Unpersönlich und reduziert, namenlos, lediglich mit einer Nummer und dem CNN-Logo „Victims 9/11" versehen, hält Daha die Gesichter der Opfer fest. Ihr, in endlosem Durchforsten des Internets zusammengetragenes Recherchematerial ist umfassend aber unpersönlich - nie nimmt sie Kontakt mit den Hinterbliebenen auf, Namen, Berufe, Herkunft sollen den Blick nicht trüben: in ihrem Schicksal sind sie alle gleich, die Vicitms 9/11. Dahas Sujetwahl folgt dabei dem Zufallsprinzip, wann sie wen malt ist egal, am Ende sollen es alle rund 3000 Opfer sein. In der scheinbar endlosen Dauer der Auseinandersetzung liegt für Ramesch Daha die Faszination ihres Projekts. Gefühlsduseleien will sie weder sich noch ihrem Publikum gestatten, die Serie steht für sich selbst - im Vergleich mit einem anderen, jahrelangen Projekt Dahas ist der politische Kommentar aber eindeutig.

„No comment", 2007 präsentiert, behandelt den Umgang der Medien mit den Zivilopfern des Irakkriegs. Ihnen wurde, anders als den 9/11 Victims, aber kein Gesicht gegeben, eine Veröffentlichung genauer Opferzahlen blieb aus, eine lang nach Kriegsbeginn ins Leben gerufene Website namens „Body count" diente nur als Plattform für vage Vermutungen. Die im Zuge jeglicher Kriegsberichterstattung stets durch die Medien geisternden und von allen Seiten missbrauchten Bilder verwaister, verwundeter oder gar toter Kinder beschäftigten die Künstlerin, die selbst Mutter ist, besonders.

Gemischt mit Porträts ihrer eigenen Kinder, brachte „no comment" so die unschuldigsten aller Kriegsopfer in Bezug zu Dahas eigener Realität. Auf diese Weise prägen die parallel laufenden Projekte natürlich Dahas Auseinandersetztung mit der 9/11 Serie. So auch ihre neueste, noch unveröffentlichte Arbeit „3200 north/5300 east", die die Revolution im Iran und deren Folgen thematisiert. Doch mehr will sie dazu jetzt wirklich noch nicht sagen.

Bis 7. März 2009, Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 15-19h, Samstag 11-16h

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