Steuer-Reform: Faymann weicht Mitterlehners Drohung aus

Die Koalitionsspitzen Mitterlehner, Faymann (von li.)
Die Koalitionsspitzen Mitterlehner, Faymann (von li.) APA/HERBERT PFARRHOFER
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ÖVP-Chef Mitterlehner gibt sich und der Regierung bis März Zeit, sich auf eine Reform zu einigen. "Sein" Finanzminister Schelling beschwichtigt. Bundeskanzler Faymann zeigt sich erfreut.

Unerwartete Aufregung und Irritationen vor dem Ministerrat heute Morgen. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP hatte mit einer Aussage am Vorabend Freund und "Feind" überrascht. Ohne Einigung auf eine Steuerreform bis März werde die Regierung kein Recht mehr haben zu existieren. Mit dieser Einschätzung sorgte der ÖVP-Chef Montag Abend in der "ZiB 2" für Aufhorchen. Ein definitives Aus für die Koalition mit der SPÖ wäre für ihn ein Scheitern zwar nicht, es würde aber sehr schwer sein, etwas gemeinsam zu finden, meinte der ÖVP-Chef.

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) versuchte zwölf Stunden später zu beschwichtigen. Er zeigte sich "felsenfest" überzeugt, dass die Regierung eine Steuerreform zustandebringe. Daher sehe er auch keine Probleme für die Regierungszusammenarbeit.

Politisch "lebenswichtig"

Und was sagt Bundeskanzler Werner Faymann? Er gibt Mitterlehner recht. Die Steuerreform sei "politisch lebenswichtig" für die Koalition. Die Ausssage von Vizekanzler Mitterlehner "freut mich" daher, wie er erklärte.

Die Steuerreform "ist keine Kleinigkeit, die man absagt", so der Kanzler, sondern ein "zentraler Bestandteil der Wirtschaftspolitik". Man habe daher auch nicht vor, "den Österreichern zu versprechen, dass wir das nicht auf die Tagesordnung nehmen, um es im März abzusagen", sondern werde mit "aller Ernsthaftigkeit" daran arbeiten. Details würden bis März 2015 ausverhandelt, bekräftigte der Kanzler.

Diese "Darstellung des Bundeskanzlers" freute wiederum Mitterlehner. "Ich finde, die Regierung arbeitet gut", so sein Urteil. Die Steuerreform sei nicht nur inhaltlich wesentlich, sondern auch für die Glaubwürdigkeit eben dieser Regierungsarbeit zentral. Somit sei diese Frage eben auch "zur Symbolik für das Arbeiten dieser Regierung geworden". Gefragt, warum er dies gerade jetzt anspreche, meinte er lapidar: "Weil der ORF danach gefragt hat." Gefragt nach dem Stellenwert der Steuerreform für die Koalition sei er "ehrlich" genug, seinen Standpunkt darzulegen. Allerdings: "Sie werden das von mir auch nicht jede Woche hören", versicherte Mitterlehner.

Finanzminister bleibt optimistisch

Beim Termin für die Präsentation der Steuerreform - dem 17. März 2015 - will er sich übrigens offenbar nicht gänzlich festnageln lassen, sondern meinte, dass es "auf ein paar Tage mehr oder weniger" wohl auch nicht ankomme. Entscheidend sei überdies, dass sich an den (wirtschaftlichen) Umständen nichts gravierend ändere.

Finanzminister Schelling meinte, die Regierung habe sich den 17. März 2015 als Datum für die Präsentation ihres Steuerreformkonzepts vorgenommen. Und er sei mehr als zuversichtlich, dass man an diesem Tag auch eine "gute, akzeptierte Lösung" vorlegen werde. Derzeit liege man gut im Plan mit der Erarbeitung von Vorschlägen durch die Expertenkommission. Er habe aber auch nie ein Hehl daraus gemacht, dass er den Zeitplan insgesamt - mit einem Beschluss der entsprechenden Gesetze bis Ende Juni 2015 - für "sehr, sehr ambitioniert" halte, so der Finanzminister.

Großes Konfliktpotenzial angesichts koalitionär differierender Vorstellungen, wie die Reform denn nun aussehen soll, will er derzeit auch nicht erkennen. Es lägen eben viele Vorschläge auf dem Tisch - mit "vielen neuen Steuern", wie sie die SPÖ wolle, oder "keinen neuen Steuern", was seine Linie sei. Dies zeige aber auch: Für eine Einigung "müssen sich alle bewegen". ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka sieht es als "Schlüsselaufgabe" für die Regierung an, die Steuerreform zu bewältigen: "Das ist, glaube ich, auch die Sicht des Koalitionspartners."

Gefahr für die Koalition?

SPÖ-Regierungsmitglieder wollten denn auch keine unmittelbare Gefahr für die Koalition erkennen. So erklärte Sozialminister Rudolf Hundstorfer: "Wir bringen es zusammen", es gebe keinen Anlass, sich unter Druck zu setzen. Auch Kanzleramts-Staatsekretärin Sonja Steßl sieht nur "positive Signale aus der ÖVP", denn es gebe ja schon Zeitplan und Volumen für die Steuerreform. Und Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser hielt fest, sie sei ein "positiv denkender Mensch": "Die Regierung weiß, dass sie mit Volldampf daran arbeiten muss, dass die Menschen mehr Geld im Börsel haben."

Opposition fehlt der Glaube

FPÖ und Team Stronach kritisieren die Regierung wegen deren Vorgehen in Sachen Steuerreform. Die geplante Entlastung werde sich "in Luft auflösen", wie Finanzsprecher Hubert Fuchs meinte. Das Team Stronach witterte einen "Koalitionsstreit". Fuchs kritisierte, dass das Volumen der "vollmundig angekündigten Steuerreform" von Tag zu Tag schmelze. "Fix scheint aber, dass es Steuererhöhungen geben wird, womit sich die Entlastung völlig in Luft auflösen wird", so der Abgeordnete. Von den ursprünglich angekündigten fünf Mrd. Euro Entlastung allein für Arbeitnehmer gebe es nach derzeitigem Stand nur mehr 3,5 Mrd. Euro, spielte er auf medial kolportierte angebliche Pläne aus dem Finanzministerium an.

Zu den Aussagen von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP), wonach die Regierung kein Recht mehr habe zu existieren, sollte bis in den März keine Einigung auf eine Steuerreform zustande kommen, meinte Fuchs: "Die Regierung ist nicht erst im März, sondern bereits jetzt rücktrittsreif."

(APA/red.)

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